Kommentar Derivate-Handel: Reine Spekulationen verbieten!

Der schwer kontrollierbare Handel mit Derivaten soll durchschaubar und sicherer werden. Doch es reicht nicht, nur Clearingstellen einzurichten. Die Politik muss weiter gehen.

Die Finanzmärkte sind eine riesige "Zockerbude". Dieses Bild hat sich bei den meisten Bürgern festgesetzt - und sie liegen damit richtig. Gezockt wird vor allem mit Derivaten, denn mit ihnen lassen sich Wetten abschließen. Gewettet wird auf alles, was sich bewegt: auf die Entwicklung von Zinssätzen, Devisenkursen, Aktienkursen, Rohstoffpreisen oder Kreditausfallrisiken. Eigentlich sind es Nullsummenspiele. Was der eine gewinnt, verliert sein Gegenüber.

Das klingt so harmlos wie eine Fußballwette - und doch sind Derivate extrem gefährlich. Denn mit ihnen werden Billionen umgesetzt, und da kann eine verzockte Wette schnell eine ganze Bank in den Abgrund reißen. Insofern ist es richtig und höchste Zeit, dass sich die EU-Finanzminister darauf geeinigt haben, dass alle Derivate über Clearingstellen abgewickelt werden. Denn bisher wurden diese Papiere meist nur zwischen zwei Partnern "over the counter" gehandelt - so dass niemand wusste, wer eigentlich welches Derivat besitzt. Das hat die Unsicherheit auf den Finanzmärkten extrem verstärkt.

Trotzdem reicht es nicht, nur Clearingstellen einzurichten. Denn damit wird das Risiko im System nicht reduziert - sondern bei den Clearingstellen konzentriert. Noch immer ist es möglich, dass sich Banken grandios verzocken und die Steuerzahler dann die Kosten tragen dürfen. Deswegen müssten sich die EU-Finanzminister dringend auf weitere Schritte einigen.

Erstens: Jedes Derivatgeschäft ist mit Eigenkapital zu unterlegen. Zweitens: Alle Derivatgeschäfte werden verboten, die der reinen Spekulation dienen. Letzteres bedeutete, dass man nicht mehr einfach auf den Ölpreis wetten könnte - man müsste auch die Tankerladung in Empfang nehmen. Ölhändler hätten damit kein Problem, Spekulanten schon. Deswegen wäre eine solche Regelung so effektiv.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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