Kommentar China als Euroretter: Auch Chinesen können rechnen

Die Idee, dass China den Euro rettet, ist nicht neu. Bisher sind dabei nicht mehr als erfolgreiche PR-Gags für die chinesische Regierung herausgekommen.

Klingt wie eine tolle Idee: Die Chinesen retten den Euro. Schließlich sitzt die chinesische Regierung auf Billionen von Devisen, für die sie rentable Anlagen sucht - während der europäische Rettungsfonds dringend frisches Geld benötigt.

Da diese Idee so bestechend ist, ist sie auch keineswegs neu. Seit Beginn der Eurokrise wird auf die Chinesen geschielt. Sie sollten schon Griechenland, Portugal, Spanien und Italien helfen. Jedes Mal wurden hochrangige Ländervertreter nach Peking geschickt, und jedes Mal kehrten sie mit ziemlich leeren Händen zurück. Für die chinesische Regierung war dieser Besucherstrom aus Europa ein erfreulicher PR-Gag: Für ein paar Milliarden Euro bekamen sie kostengünstig ihre eigene globale Bedeutung bestätigt.

Nun reist also der Chef des europäischen Rettungsfonds EFSF nach Peking, um chinesische Milliarden zu akquirieren. Und auch Klaus Regling wird erleben: Die Chinesen können rechnen. Sie werden Europa nur helfen, wenn es sich für sie lohnt.

Allerdings ist das Erpressungspotenzial der Chinesen nicht unbegrenzt, weil die Eurozone zu den besten Kunden gehört. Es würde die chinesischen Exporte schmälern, falls die Währungsunion in eine Rezession abgleitet. Zudem befinden sich die Chinesen in einem "Anlagenotstand": Sie können ihr Geld nicht allein in die USA schaufeln, sondern müssen das Risiko streuen.

Risikostreuung heißt aber nicht, dass die Chinesen ihr Risiko maximieren wollen: Sie werden in den europäischen Rettungsschirm nur investieren, wenn sie sicher sind, dass nicht ihr Geld verloren geht, falls es zu weiteren Staatspleiten in der Eurozone kommt. Sie werden Garantien verlangen - oder höhere Zinsen. Die Kosten der Eurorettung werden also an den Euroländern kleben bleiben. Mit oder ohne Chinesen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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