Kommentar US-Notenbank: Geld drucken schadet nicht

Zwei Wirtschaftskrisen, zwei Antworten: In den USA greift die Notenbank Fed massiv ein – während die Europäische Zentralbank oftmals passiv zugucken muss, wie sich die Eurozone auflöst.

Zwei Wirtschaftskrisen, zwei Antworten: In den USA greift die Notenbank Fed massiv ein – während die Europäische Zentralbank oftmals passiv zugucken muss, wie sich die Eurozone auflöst. Diese Differenz zeigt sich jetzt erneut: Die Fed wirft weitere 267 Milliarden Dollar auf den Markt, um die langfristigen Zinsen zu senken. Insgesamt hat die Fed ihre Bilanz bereits um 2,3 Billionen Dollar aufgebläht, um US-Staatsanleihen aufzukaufen. Was in den USA normal ist, lässt viele Europäer gedanklich in Ohnmacht fallen. Wenn eine Zentralbank Geld druckt, dann könnte ja Inflation drohen!

Dabei wird jedoch übersehen, dass in den USA nichts von einer Inflation zu sehen ist. Dies führt zu Lektion eins: Geldpolitik ist gefahrlos möglich. Die Zentralbanken haben die Macht, die Zinsen zu senken, indem sie Staatsanleihen aufkaufen. Diese Erkenntnis ist für Europa gar nicht zu überschätzen. Bekanntlich zahlen Spanien und Italien derzeit Rekordzinsen, die sie in die Pleite treiben. Dieser Unsinn ließe sich sofort abstellen, wenn die Europäische Zentralbank in den Markt eingreifen würde, wie es die Fed ganz selbstverständlich tut.

Allerdings zeigen die USA auch, dass Geldpolitik allein nicht reicht. Obwohl die Fed die Wirtschaft mit Billionen flutet, springt die Konjunktur nicht wirklich an. Daraus folgt Lektion zwei: Mehr Geld erzeugt nicht automatisch mehr Nachfrage. Es nutzt nichts, wenn das Geld bei den Vermögenden und den Banken landet. Dies fördert nicht den Konsum, sondern die Spekulation. Wer schon viel Geld hat, wird weiteres Geld nur dafür nutzen, mit Aktien, Immobilien und Derivaten zu jonglieren.

Das Geld muss bei den Armen, Arbeitslosen und beim Staat ankommen. Dort wird es bestimmt ausgegeben. Neben der Geldpolitik ist also eine Verteilungspolitik nötig. Oder um es auf Normaldeutsch zu sagen: Die Steuern für die Reichen müssen rauf. Aber auch von dieser Erkenntnis ist Europa leider weit entfernt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.