ULRIKE HERRMANN ÜBER DEN LÄNDERFINANZAUSGLEICH
: Hessische Verschwörung

Wo lässt Bouffier eigentlich das viele Geld, das die hessischen Finanzämter kassieren?

Sind die Hessen zu bedauern? Ihr CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier drückt jedenfalls auf die Tränendrüse und stellt seine Landsleute als Opfer einer ganz fiesen Umverteilungsverschwörung dar. Die Hessen müssen nämlich Kitagebühren zahlen – und warum? Weil ihr schönes Steuergeld in den Landesfinanzausgleich fließe, der dann kostenfreie Kindergärten in den Empfängerländern finanziere. Die Hessen bluten, während die Berliner prassen. Diese Geschichte ist zu schön, um sie nicht im Wahlkampf auszubeuten.

Der Haken dabei: Bouffiers Geschichte ist eingängig, aber trotzdem falsch. Es stimmt zwar, dass die Hessen für die Kita zahlen und die Berliner für die letzten drei Jahre nicht – doch mit dem Länderfinanzausgleich hat das nichts zu tun.

Der Landesfinanzausgleich setzt nämlich nicht bei den Ausgaben an, sondern bei den Einnahmen. Er soll für ein bisschen Gerechtigkeit sorgen, weil das Steueraufkommen zwischen den Ländern sehr ungleich verteilt ist. Wo viele Großunternehmen sitzen, die gut bezahlte Arbeitsplätze bieten, da fallen für die Länder hohe Einkommens-, Umsatz- und Körperschaftsteuern an. Wo diese Konzerne fehlen, sind auch die Einnahmen der Länder dürftiger. Dieses Gefälle wird vom Länderfinanzausgleich zwar korrigiert – aber nicht völlig ausgeglichen.

Auch nach dem Länderfinanzausgleich sind Hessen oder Bayern reicher als Bremen oder das Saarland. Daher müsste es sich Hessen eigentlich leisten können, kostenfreie Kitaplätze anzubieten. Die interessante Frage ist also: Wo lässt Bouffier eigentlich das viele Geld, das die hessischen Finanzämter kassieren?

Auf diese Frage muss der CDU-Ministerpräsident erst antworten, wenn die Wähler nicht mehr auf die Legende hereinfallen, die Berliner würden das Geld stehlen.

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