BERNHARD CLASEN ÜBER DEN KAMPF KIEWS IM OSTEN DER UKRAINE
: Blaupause Tschetschenien

Die Menschen in den ostukrainischen Städten Slawjansk, Druschkowka, Konstantinowka und Kramatorsk können erst einmal aufatmen. Für sie ist mit dem Abzug der Aufständischen der Krieg zu Ende und damit auch deren gnadenlose Herrschaft. Nun werden Details der Schreckensherrschaft der Aufständischen ans Tageslicht kommen.

Allein in Slawjansk hatten diese Dutzende Andersdenkende in Geiselhaft genommen, gegen zwei mutmaßliche Plünderer die Todesstrafe verhängt. Die Geiselhaft der ehemaligen Bürgermeisterin von Slawjansk, Nelja Schepa von Janukowitschs „Partei der Regionen“, der man ja wohl kaum Nähe zum „Rechten Sektor“ unterstellen kann, zeigt, dass man unter den Aufständischen mit Andersdenkenden nicht zimperlich umzugehen pflegt.

Mit dem Ende der Belagerung dieser Städte werden nun auch Verbrechen der ukrainischen Armee bekannter werden. Fotos von zerstörten Wohnhäusern und Berichte über Kleinkinder, die bei Artillerieangriffen ums Leben kamen, dürften nun, da diese Städte zugänglich sind, durch Augenzeugen untermauert werden.

Keinen Grund zum Aufatmen haben die Bewohner der Millionenstadt Donezk, in die sich die Aufständischen zurückgezogen haben. Die Aussage des Verteidigungsministers der sogenannten Volksrepublik Donezk, Igor Strelkow, Donezk lasse sich einfacher verteidigen als das kleine Slawjansk, zeigt, dass man keineswegs daran denkt, die ukrainischen Truppen mit weißen Fahnen zu empfangen.

Es ist zu fürchten, dass sich Kiews Militärführung im Kampf gegen die Aufständischen von Donezk Putins Kriegsführung gegen tschetschenische Separatisten zum Vorbild nehmen wird. Dieser hatte 1999/2000 im Krieg gegen Separatisten die tschetschenische Hauptstadt Grosny dem Erdboden gleichmachen lassen.

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