Kommentar Sozialleistungen Ukraine: Fatale Entscheidung in Kiew

Auch die Bewohner des Donbass sind Ukrainer. Die Entscheidung der Regierung, soziale Leistungen im Osten zu streichen, ist kurzsichtig.

Die Sympathie für Separatisten ist groß in Donezk. Die Armut aber auch. Bild: Reuters

Der Rechtsstaat ist für alle da, auch für Gegner der Regierung. Auch die Renten sind für alle da, die in die Rentenversicherung einbezahlt haben. Mit ihrer Entscheidung, Bewohnern der abtrünnigen Gebiete der Ostukraine sämtliche Leistungen zu kappen, trifft die Kiewer Regierung nicht die Bewaffneten und Anführer der abtrünnigen Teile der Ostukraine.

Allen alten und kranken Menschen in Donezk und Lugansk, die ihre Heimat schon allein aus gesundheitlichen Gründen nicht verlassen können, wird dadurch die Lebensgrundlage entzogen. Es ist zu befürchten, dass im kommenden Winter in der Ostukraine mehr Menschen durch Hunger und Kälte ihr Leben verlieren werden als durch Kugeln und Luftangriffe.

Kiew hat sich mit seiner Entscheidung, Rentnern, Behinderten, Kriegsveteranen und alleinerziehenden Müttern im nicht von Kiew kontrollierten Osten alle Zahlungen zu kappen, auch selbst einen Bärendienst erwiesen. Gerade jetzt, wo man in den Gebieten Donezk und Lugansk immer weniger an eine Zukunft in Russland glaubt, hätte man deren Bevölkerung zeigen können, dass man sie nicht vergessen hat. Auch die Bewohner des Donbass sind Ukrainer.

Kiew wollte mit seiner Entscheidung den Machthabern von Donezk und Lugansk den Boden entziehen. Das Gegenteil wird wohl eintreten: Die Menschen dort entfremden sich weiter von der Kiewer Zentralregierung. Die Ärmsten der Armen im Osten des Landes werden diese Regierung nun noch mehr hassen. Wenn Kiew die Bevölkerung im Osten des Landes für sich gewinnen will, müsste es ihr Angebote machen, die man nicht ablehnen kann: Sozialleistungen, Wiederaufbau und Autonomie. Es sieht ganz so aus, als habe Kiew Lugansk und Donezk bereits abgeschrieben.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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