GEHT’S NOCH?
: Streicht die Ehe

Die Krankenkassen können Zuschüsse zur künstlichen Befruchtung nur an Verheiratete zahlen. Das sei rechtens

Letztlich war es das Bundesverfassungsgericht. Zwar hat das Bundessozialgericht diese Woche einer Krankenkasse verboten, unverheirateten Paaren Zuschüsse zur künstlichen Befruchtung zu gewähren – aber es berief sich dabei auf das Bundesverfassungsgericht. Das hatte 2007 die entsprechende Einschränkung der Zuschüsse auf Eheleute mit dem besonderen Schutz von Familie und Ehe in Artikel 6 des Grundgesetzes begründet.

Wenn man sich diesen Artikel 6 einmal unvoreingenommen ansieht, dann stehen dort noch ein paar andere Absätze: Zum Beispiel der, in dem unehelichen Kindern dieselben Rechte gewährt werden wie ehelichen. Oder Absatz 4: „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des Staates.“ Alle Kinder und alle Mütter sollen gleich behandelt werden. Warum nicht auch die potenziellen Mütter und Kinder?

Letztendlich ist das Gericht gefangen in seiner konservativen Auslegung des staatlichen Schutzauftrags. Ohnehin könnte man die Ehe getrost aus diesem Artikel streichen. Der Staat kann sie nämlich nicht schützen. Wenn sie kaputt ist, ist sie kaputt. Außer einer guten Eheberatung ist da nichts zu machen.

Wenn man sich zu dieser Streichung nicht durchringen kann, Union, Sie wissen schon – dann kann Karlsruhe ihn wenigsten anders auslegen: Denn Schutz der Ehe heißt nun wirklich nicht, sie pausenlos zu bevorzugen, indem man Eheleute pampert, von der künstlichen Befruchtung bis zum Ehegattensplitting.

Wer in Deutschland nicht nur geschützt, sondern gefördert und unterstützt werden muss, das ist ja wohl die Familie und nicht die Ehe. Das sind die Leute mit den Kindern, liebes Verfassungsgericht. Oder die, die welche bekommen wollen. Und von denen sehen viele keinen Sinn in der staatlich dokumentierten Ehe. Weil die lebenslange gute Ehe oft eine Illusion ist. Und weil sie meinen, dass der Staat in ihrer Beziehung nichts zu suchen hat. Ein viel größeres Commitment sind gemeinsame Kinder, ein gemeinsames Sorgerecht. Wann unsere obersten RichterInnen das wohl zu Kenntnis nehmen wollen? HEIDE OESTREICH