Kommentar Ermittlungen gegen Sarkozy: Revanche der Richter

Ex-Präsident Sarkozy hat der französischen Justiz immer wieder mangelnde Härte vorgeworfen. Jetzt bekommt er sie selbst zu spüren.

Im Visier der Staatsanwälte: Frankreichs früherer Präsident Sarkozy. Bild: reuters

Nach Silvio Berlusconi in Italien muss sich Nicolas Sarkozy in Frankreich auf richterliche Vorladungen gefasst machen. Zwar kann er darauf hoffen, dass ihn seine Immunität als Staatsoberhaupt vor einer Anklage schützt oder andere Prozeduren wegen Verjährung eingestellt werden wie schon bei seinem Vorgänger Jacques Chirac. Im Unterschied zu diesem kann jedoch Sarkozy von der französischen Justiz nicht viel Gnade oder mildernde Umstände erwarten. Zu sehr hat er sich während seiner ganzen Amtszeit als Präsident der Republik in die Angelegenheiten der dritten Staatsgewalt eingemischt.

Immer wieder hatte Sarkozy Entscheide von Gerichten kommentiert, der Justiz mangelnde Härte oder dem Strafvollzug Nachlässigkeit vorgeworfen. Das kam bei vielen Wählern zwar gut an, nicht aber bei den Richtern. Sie bestehen zu Recht auf ihrer Unabhängigkeit im Speziellen und auf der Gewaltentrennung in einem Rechtsstaat ganz generell. Besonders empört hat die Magistrate Sarkozys Versuch, die unabhängigen Untersuchungsrichter abzuschaffen, weil diese ihm ganz offensichtlich mit ihrer Unbestechlichkeit und Hartnäckigkeit in politisch brisanten Affären ein Ärgernis waren. Verächtlich beschimpfte er sie deshalb als „kleine Erbsen“.

Süß schmeckt diesen Ermittlern nun die Revanche, wenn sie gegen einen Expräsidenten ermitteln dürfen, ohne dass ihnen von oben (aus dem Justizministerium oder aus dem Präsidentenpalast) administrative Knüppel in die Beine geworfen werden. Natürlich wäre es der regierenden Linken nur recht, wenn Sarkozy ähnlich wie Berlusconi vor Gericht von den „Affären“ und Kavaliersdelikten eingeholt und so definitiv an einem politischen Comeback gehindert würde.

Die französische Justiz aber möchte nur ein Exempel ihrer Unabhängigkeit von der politischen Macht in Paris statuieren – das muss auch Sarkozys Nachfolger und Gegner François Hollande zu denken geben.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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