CHRISTIAN RATH ÜBER DAS EUGH-URTEIL ZUR EURORETTUNG
: Karlsruher Teilerfolg

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist unabhängig. Das hat die Bundesregierung durchgesetzt, als die europäische Währungsunion vereinbart wurde. Ziel: Die Politik soll die Zentralbank nicht zur Staatsfinanzierung missbrauchen. Damit hat sich Deutschland aber selbst ausgetrickst. Gerade weil die EZB unabhängig ist, kann die Bundesregierung nicht verhindern, dass die EZB freiwillig Staatsanleihen in gigantischer Höhe aufkauft.

Hier versuchte das Bundesverfassungsgericht zu helfen: Wenn schon keine politische Kontrolle der Zentralbank möglich ist, soll sie wenigstens rechtlich kontrolliert werden. Karlsruhe fragte deshalb den Europäischen Gerichtshof, ob die EZB 2012 ihre Kompetenzen überschritt, als sie ankündigte, sie werde den Euro durch den Ankauf von Staatsanleihen retten.

Die Karlsruher Anfrage war zumindest in drei Punkten erfolgreich. Der EuGH hat jetzt entschieden, dass die EZB nicht machen kann, was sie will, sondern rechtlich kontrolliert wird. Der EuGH hat zweitens auch anerkannt, dass das Bundesverfassungsgericht in die Kontrolle einbezogen ist, indem es den EuGH einschalten kann. Drittens hat der EuGH auch den Karlsruher Maßstab akzeptiert. Die EZB darf keine Staatsfinanzierung betreiben und das Verbot darf auch nicht umgangen werden.

Einzige Niederlage für Karlsruhe: Der EuGH fand, dass die EZB ihre Kompetenzen damals nicht überschritten hat. Das hatte das Bundesverfassungsgericht anders gesehen. Doch diesen Dissens sollten die deutschen Richter verschmerzen können. Es wäre ja auch dumm, die EZB als Akteur auszuschalten, solange sie so erfolgreich agiert und mit einer bloßen Ankündigung die Märkte beruhigen kann. Karlsruhe sollte sich daher über seinen Teilerfolg freuen und das Urteil des EuGH akzeptieren.

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