Hirches Name ist Hase

Niedersachsens FDP-Wirtschaftsminister schmettert alle Vorwürfe ab, von Schiebereien bei der Vergabe des 480 Millionen Euro schweren Bauloses für den Tiefwasserhafen gewusst zu haben

VON KAI SCHÖNEBERG

Nein und nochmals nein. Von Mauschelei, gar Manipulation bei der Auftragsvergabe für den Bau des Jade-Weser-Ports sei ihm nichts bekannt. Immer wieder erklärte Niedersachsens FDP-Wirtschaftsminister Walter Hirche gestern im Untersuchungsausschuss zum Tiefwasserhafen, nichts von Einflussnahmen zugunsten des Essener Baukonzerns Hochtief gewusst zu haben. Es sei „nicht Aufgabe eines Ministers, sich über alle Einzelheiten im Vergabeverfahren informieren zu lassen“, sagte er bei seiner zweiten Vernehmung.

Gut drei Wochen vor der Landtagswahl weigerte sich der Minister wacker zuzugeben, bei dem 480 Millionen Euro schweren Auftrag sei unter seiner Ägide etwas schief gelaufen. „Vorgaben von außen, wie sie das gerne bestätigt haben möchten“, habe es nicht gegeben, sagte Hirche in Richtung SPD und Grüne. Ein „Hineinregieren“ zugunsten Hochtiefs hätte die Rechtmäßigkeit der Vergabe in Frage gestellt. Das Verfahren sei „europarechtlich diskriminierungsfrei und transparent gelaufen“, so Hirche. Für alles andere gebe es „keine Beweise“.

Das sieht die Opposition anders: „Hirche will nichts gewusst, gehört und gemacht haben“, sagte der Grünen-Obmann Enno Hagenah nach der Vernehmung. Er und sein SPD-Kollege Gerd Will bezweifeln, dass Hirche vom plötzlichen Kurswechsel bei der Bewertung der Angebote der Papenburger Bietergemeinschaft Bunte und Hochtief im März 2007 nicht informiert worden ist. Erst nach einem Gerichtsentscheid im September war Hochtief vom Verfahren ausgeschlossen worden. Nun soll Bunte den Hafen bauen. Das verhindern jedoch Eilanträge von Hafen-Gegnern vor dem Lüneburger Oberverwaltungsgericht.

Dass Bremen die mit dem Bundesland verbandelte Baufirma Hochtief mit Rückendeckung des Hirche-Ministeriums zunächst durchboxte, ist das Ausschuss-Thema, über das am 16. Januar der Landtag beraten soll. Er habe so kurz vor der Wahl mit „Angriffswellen“ von SPD und Grünen gerechnet, sagte CDU-Obmann Hermann Dinkla gestern. Gesehen habe er jedoch nur ein oppositionelles „Rinnsal“.

Das liegt daran, dass Hirche sich hasengleich in vielen Punkten nicht eingemischt haben will: Von „Hilferufen“ des Hafenplaners Wolf-Dietmar Starke bei seinem Staatssekretär will er nichts erfahren haben. Dabei will Starke sogar einen Korruptionsverdacht geäußert haben. Und klagte zudem über den durch schwere Krankheit außer Gefecht gesetzten niedersächsischen Geschäftsführer der Jade-Weser-Port Realisierungsgesellschaft (JWP), Helmut Werner.

Fragwürdig finden das Grüne und SPD. Auch, dass Hirche von angedachten Ausgleichzahlungen für Bunte nichts erfahren haben soll, durch die eine Klagen gegen die Vergabe zugunsten Hochtiefs verhindert werden sollte. Dabei sei es doch nicht um Geld „aus der Portokasse ihres Ministeriums“ gegangen, sagte Will. Sein Fazit: Hirche habe versucht, „alle Verantwortung auf seine Mitarbeiter und den Staatssekretär abzuwälzen“.

Dass sich CDU und FDP im Ausschuss weigerten, trotz „stark divergierender Aussagen“ einer Vereidigung Hirches zuzustimmen, lässt für Hagenah nur einen Schluss zu: „Die haben was zu verbergen: Zeugen sollen vor einem Meineid bewahrt werden“.

Dass der Bremer JWP-Geschäftsführer Jürgen Holtermann die Vergabe aushebeln wollte, wurde bei der Aussage des Bremer Anwalts Jan van Dyk deutlich, der für die JWP das Verfahren juristisch begleitete: „Sie sind unser Anwalt. Setzen Sie das gefälligst um“, habe Holtermann zu ihm gesagt, nachdem er sich geweigert hatte, die Vergabeakte zugunsten von Hochtief zu „verschlanken“. Van Dyk hatte dagegen große Bedenken: Für ihn war rechtlich ausschlaggebend, dass das Vergabeteam um Hafenplaner Starke sich für Bunte eingesetzt hatte.