Professor Sex gesteht

Deal im Gericht: Hochschullehrer gibt zu, für die Betreuung von Doktoranden 184.000 Euro kassiert zu haben. Gefälligkeitsgutachten will er nicht geschrieben haben. Nun soll er drei Jahre ins Gefängnis

VON KAI SCHÖNEBERG

Lange hatte Thomas A., der seriös wirkende Herr mit dem tadellos sitzenden Anzug und dem stets teilnahmslosen Blick ins Leere, geschwiegen. Am Freitag räumte der vom Dienst an der Universität Hannover suspendierte Jura-Professor im Saal 134 des Hildesheimer Landgerichts ein, dass die Staatsanwaltschaft den Vorwurf der Bestechlichkeit gegen ihn in der Anklageschrift „zutreffend geschildert“ habe. Mit der Annahme von rund 184.000 Euro für die Betreuung von 69 Promotionen habe er sich „offensichtlich schuldig gemacht“, sagte der 53-Jährige. Das Geständnis ist Teil eines Deals zwischen Gericht, Staatsanwalt und A.s Anwalt, durch den der seit September in Untersuchungshaft sitzende einstige Lehrstuhlinhaber zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt werden könnte.

Die Bild hatte ihn als „Professor Sex“ beschrieben. Der Vorwurf, A. habe Studentinnen gegen körperliche Dienstbarkeiten Uni-Posten beschafft und Noten frisiert, wird jedoch im Prozess kaum noch eine Rolle spielen. Eine 30-jährige einstige Lebensgefährtin A.s wurde bereits zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt: Sie hatte gestanden, dass der Professor ihre Noten heraufgesetzt hatte.

1996 hatte seine „aus heutiger Sicht unselige Zusammenarbeit“, so A. selbst, mit einer Promotionsberatungsfirma begonnen. 2.050 Euro hatte er für die Annahme eines Doktoranden, dieselbe Summe nach erfolgreicher Promotion erhalten. „Ich sehe, dass ich als beamteter Hochschullehrer keine Geldzahlungen annehmen durfte“, sagte er nun. Damit das nicht auffiel, stellte A. damals Rechnungen unter dem Namen seiner Frau für „Beratertätigkeiten“. Richter Peter Peschka, der A. in einer hochnotpeinlichen Befragung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse ausquetschte, sprach von einer „Strohfrau“.

Spätestens seit dem Kauf eines Hauses in einem besseren Hamburger Stadtteil litt der begeisterte Porsche-Fahrer A. demnach unter akuten Geldproblemen. Der Professor, Monatseinkommen 4.800 Euro netto, konnte Heizöl und Autoreparaturen nicht mehr zahlen, bettelte um Eilüberweisungen auf das Konto seines Vaters.

Gefälligkeitsgutachten und Titelhandel habe es bei ihm nicht gegeben, betonte A. nun. Zwölf seiner Doktoranden hätten erfolgreich promoviert. Allerdings hatte er auch Ausnahmegenehmigungen für Kandidaten besorgt, die wegen ihrer Noten eigentlich keine Zulassung zur Promotion erhalten hätten.

Am 26. März soll der Geschäftsführer der Promotionsagentur aussagen. Ihm drohen eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und eine Geldbuße von 252.000 Euro, wenn er ein Geständnis ablegt.