Wolfgang Clement, Ex-Chefredakteur
: Der selbstbewusste Sturkopf

Mit großen Hoffnungen erwartete die Hamburger Morgenpost im Januar 1987 ihren neuen Chefredakteur Wolfgang Clement. Der Verlag G+J hatte das Blatt im September 1986 gekauft, dessen Vorstandschef Gerd Schulte-Hillen sah in dem studierten Juristen, Politiker und gelernten SPD-Zeitungsredakteur – Westfälische Rundschau – den richtigen Mann an der Spitze. Die Redaktion erwartete von ihm, dass das Herauskegeln altgedienter Redakteure aufhöre und sich überhaupt das Klima bessere.

Kurz gesagt: Clement erfüllte die Erwartungen nicht. An Selbstbewusstsein mangelte es dem Chef dabei nicht, ebenso wenig an Sturköpfigkeit. Obwohl unter Clement die Auflage bis auf 180.000 verkaufte Exemplare stieg und die Zeitung dank seiner Beziehungen und mit ihren Interviews oft auch in der Tagesschau zitiert wurde, kam G+J nicht auf den erhofften Gewinn.

Im Sommer 1988 schürte ein rigider Sparplan Unruhe, und Clement drohte mit Rücktritt. Er konnte sich zunächst durchsetzen, und die Belegschaft fand den Sturkopf richtig gut. Von der SPD im Rathaus machte er die Redaktion nicht abhängig, im Konflikt um die Hamburger Hafenstraße etwa fuhr er zunächst gegen die Senatslinie die harte Tour. In seinem Beitrag zur 50-Jahre-Festschrift der Mopo lobte Clement sich 1999 mit den Worten: „Am Ende hat vielleicht auch unsere Stimme ein wenig beitragen können zur Deeskalierung des Konflikts.“ Das ist geschönt. Aber sollte er schreiben, dass SPD-Senatsmitglieder bei ihm harte Überzeugungsarbeit leisten mussten?

Und wo bleibt das Positive? Die tägliche Seite für Popmusik, um junge Leser zu gewinnen, war seine Idee. „Eine fremde Welt“ war das für ihn ebenso wie die Auftritte des stets in weiß gekleideten Musikredakteurs. Und auch das muss gesagt werden: Der damals kettenrauchende Workaholic Clement konnte ein charmanter Gastgeber sein. Beim Mopo-Fest schenkte er bis zum frühen Morgen Sekt aus, und auch seine jährlichen Einladungen in das Familienheim wurden gerne angenommen.

Anfang 1989 verließ Clement das Blatt dann. Jetzt verlässt die SPD ihn. SIGRID MEISSNER

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Fotohinweis:Sein einstiger Hamburger SPD-Distrikt bot WOLFGANG CLEMENT, 68 und seit 39 Jahren Sozialdemokrat, nun Asyl an. Foto: dpa