Tag der Tränen für Delmenhorster SPD

Der einstige sozialdemokratische Jungstar Swantje Hartmann soll nun auch ihre Ämter und Funktionen in ihrer Heimatstadt Delmenhorst abgeben. Die Landtagsabgeordnete wittert eine politischen Intrige gegen sich

Es ist ein quälend langsamer Absturz. Im Mai hatte Swantje Hartmann auf Geheiß des Chefs der Niedersachsen-SPD, Garrelt Duin, ihre Ämter in der Landespartei und im Bezirk Weser-Ems abgeben müssen. Vor einem Monat war die wegen Untreuevorwürfen in Ungnade gefallene SPD-Landtagsabgeordnete mit einem Rücktritt der Abwahl vom Posten als Mitglied des Fraktionsvorstandes zuvorgekommen. Nun soll die noch vor rund 100 Tagen als „Jungstar“ der niedersächsischen Sozialdemokratie gehandelte 35-Jährige auch ihre letzten Parteiposten in ihrer Heimatstadt Delmenhorst verlieren.

Wenn sie nicht selbst vorher zurücktrete, werde der SPD-Unterbezirk Delmenhorst bei einem außerordentlichen Parteitag am 16. August über die Abwahl der dortigen Vize-Vorsitzenden entscheiden, sagte SPD-Unterbezirkschef Holger Ortel. Der SPD-Bundestagsabgeordnete, der lange zu Hartmann gehalten hatte, betonte, dass ihm keine andere Wahl bleibe: „Das ist ein Tag der Tränen für die Delmenhorster SPD.“

Fünf Ortsvereine hatten Hartmann aufgefordert, ihre Posten als Vizin und ehrenamtliche Bürgermeisterin in Delmenhorst aufzugeben. Eine gesetzte Frist sei verstrichen, Hartmann habe nicht geantwortet, sagte Ortel.

Hatte sie wohl, per öffentlicher Mitteilung, die die SPD-Schlammschlacht weiter anfachte. „Ich lasse mir kein Ultimatum stellen“, schrieb Hartmann am Dienstag und sah in den Vorgängen einen weiteren „Hinweis für eine politische Intrige“ gegen sie. Sie forderte eine unabhängige parteiinterne Untersuchung, weil „die Aufklärungsarbeit aller Vorgänge im SPD-Bezirk Weser-Ems blockiert wird“. Ihr dränge sich die Frage auf, ob es „möglicherweise Funktionäre im Bezirk Weser-Ems gibt, die etwas zu verbergen haben“.

Hartmann hat alle Vorwürfe stets dementiert. Angeblich soll sie von veruntreutem Parteigeld eines inzwischen entlassenen SPD-Unterbezirksgeschäftsführers profitiert haben. Gegen diesen, ihren langjährigen Lebensgefährten, ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Es geht um zwischen 2003 und 2005 auf Parteikosten genutzten Partner-Bahncard 1. Klasse und Handyrechnungen. Ausschlaggebend sei nicht die Summe von 400 bis 500 Euro, um die es sich handele, sagte Ortel. Sondern: „Es geht um Vertrauen und Ehrlichkeit.“ Parteigenossin Hartmann habe mehrfach die Trennung zwischen Privatem und Politischem nicht beachtet, außerdem viele Hilfsangebote aus der Partei bekommen, die sie nicht genutzt habe, sagte Ortel. „Swantje Hartmann hat sich durch ihr Verhalten um ihre Karriere gebracht.“

Über Hartmanns Zukunft als ehrenamtliche Bürgermeisterin will die SPD-Fraktion Delmenhorsts nach dem Votum des Unterbezirks beraten. Eine Funktion wird sie vorerst weiter behalten: Die als gewählte Landesparlamentarierin. Die SPD-Fraktion im Landtag denke nicht über einen Ausschluss nach, hieß es in Hannover KAI SCHÖNEBERG