„Man erreicht damit überhaupt nichts“

Greenpeace versenkt vor Sylt tonnenschwere Steine, um das Schleppnetzfischen vor dem Außenriff zu verhindern. Peter Breckling vom Deutschen Fischereiverband hält die Aktion für unnütz. Sie gefährde lediglich die Fischer

PETER BRECKLING, 44, arbeitet als Geschäftsführer des Deutschen Fischerei-Verbandes mit Sitz in Hamburg  FOTO: PRIVAT

taz: Herr Breckling, halten sie das Vorgehen der Greenpeace - Aktivisten für gefährlich?

Peter Breckling: Das Abwerfen der Steine stellt einen Eingriff in die Sicherheit des Seeverkehrs dar und gefährdet auf skrupellose Weise Menschenleben. Unbekannte Hakstellen sind die mit Abstand häufigste Ursache für Schiffsunfälle. Im Sylter Außenriff sind Fischer aus verschiedenen EU-Ländern aktiv, die überwiegend nicht in Fischereiorganisationen Mitglied sind und möglicherweise bis heute noch nichts von der Aktion wissen. Hinzu kommt, dass das genaue Abwurfgebiet immer noch nicht benannt wurde.

Dadurch soll der Fischfang in dem kompletten Gebiet unterbunden werden.

Die angeblich empfindlichen Strukturen, die Greenpeace dort jetzt schützen will, stehen seit über 100 Jahren unter Fischereidruck und werden seither mit Schleppnetzen befischt. Wäre da noch etwas zerstörbar, wäre dies schon längst zerstört. Aber offenbar kommen die schützenswerten Organismen dort gut mit den Einwirkungen durch die Fischerei klar.

Dann ist das Riff ohne Grund seit vier Jahren als Naturschutzgebiet angemeldet?

Das, was dort als Riff vorhanden sein soll, ist nichts weiter als ein flaches Steinfeld, wie es überall in der Nordsee vorkommt. Dass das Bundesamt für Naturschutz dieses als Riff ausgewiesen hat, halten wir für sehr fraglich. In anderen Mitgliedstaaten der EU wäre das mit Sicherheit nicht der Fall.

Laut Greenpeace benötigen beispielweise Schweinswale das Riff als Refugium. Deren Lebensraum werde durch das Abfischen mit Schleppnetzen vernichtet.

Sollte es den Leuten wirklich um die Schweinswale gehen, ist ihre Aktion sogar absolut kontraproduktiv: Sobald Schleppnetze angesichts der abgeworfenen Steine nicht mehr eingesetzt werden können, kommen Stellnetze ins Spiel. Und auch diese stellen beispielsweise für Schweinswale eine Bedrohung dar.

Kritisiert wird ebenfalls die Überfischung des Gebietes. Schneidet man sich damit langfristig nicht ins eigene Fleisch?

Da die Nordsee ein hochdynamischer Lebensraum ist und die Fische permanent umherziehen, spielt es kaum eine Rolle, ob dort gefischt wird oder woanders. Man erreicht durch eine Sperrung des Sylter Außenriffs hinsichtlich der Fischbestände überhaupt nichts. In der Nordsee ist so etwas nahezu wirkungslos.

Was würde eine Sperrung des Sylter Außenriffs für die Fischerei bedeuten?

Durch Kiesabbau und die Errichtung von Offshore-Windparks sind die Fischer schon genug eingeschränkt, auf weitere Gebiete kann kaum noch verzichtet werden. Eine Sperrung wäre ebenso inakzeptabel wie das jetzige Blockieren des Schiffverkehrs. Wir hoffen deshalb, dass die Behörden diese Aktion schnellstmöglich unterbinden.

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