Asse: Cäsium leckt aus Kammer 12

Das Pannen-Endlager bei Wolfenbüttel ist nicht trocken, sondern feucht. Deshalb fließt radioaktiv verseuchte Lauge aus der Atommüll-Lagerstätte. Das belegt eine aktuelle Studie. SPD und Grüne kritisieren das Flutungskonzept

Die stark cäsiumverseuchte Lauge im Pannen-Endlager Asse II bei Wolfenbüttel ist aus den dort gelagerten Atommüll-Fässern ausgetreten. Ein Großteil des Cäsiums, aber auch radioaktives Tritium, müsse aus Kammer 12 in 750 Metern Tiefe stammen, ist das Ergebnis einer am Donnerstag veröffentlichten Studie im Auftrag des Bundesforschungsministeriums.

Bislang hatte der Asse-Betreiber gemutmaßt, die Kontamination stamme von einem Unfall aus den 1970er Jahren. Bis 1978 waren im ehemaligen Salzbergwerk 126.000 Fässer mit schwach- und mittelstark strahlendem Abfall gelagert worden. Nun wird klarer, dass in die Asse fließende Salzlauge möglicherweise Kontakt mit rostigen, leckgeschlagenen Fässern hatte.

Dass der Betreiber Helmholtz-Zentrum München (HZM) die Cäsium-Lauge ohne Genehmigung tief in der Asse verklappt hatte, hatte vor zwei Monaten für Bestürzung gesorgt. Das ist nun gestoppt. Noch lagern etwa 20 Kubikmeter Cäsiumlauge vor Kammer 12 in einer drei Quadratmeter großen Pfütze. Der Zufluss ist versiegt. Angeblich gibt es keine weiteren verseuchten Laugenzuflüsse in der Asse.

„Ganz offenbar lecken die Fässer schon nach 30 Jahren“, sagte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel zur Asse-Studie. Das angeblich trockene Salzbergwerk erweise sich als feuchter Sumpf. „Was für die Ewigkeit halten sollte, fällt den Akteuren einer verantwortungslosen Atompolitik noch zu Lebzeiten auf die Füße“, sagte der Grüne. „Wenn die Lauge jetzt schon aus den Atomfässern kommt, habe ich noch größere Fragen an die Flutung der Asse“, sagte der Wolfenbütteler SPD-Abgeordnete Marcus Bosse.

Die vom HZM geplante Schließung der Asse mit einer Lösung aus Magnesiumchlorid ist hoch umstritten. Anwohner und Initiativen plädieren für eine komplette Rückholung des Atommülls. Sie ist technisch kaum erprobt und teuer. Bislang werden die Kosten für die Schließung der Asse mit bis zu 1,9 Milliarden Euro kalkuliert.

Die Studie habe keine Auswirkungen auf die Schließung der Asse, sagte hingegen ein Sprecher des Asse-Betreibers HZM. In der Kammer 12 lagere offenbar Lauge, die aus dem Salzabbau aus den 20er Jahren stamme. Bisher herrschte die Auffassung, dass der Abfall in der mit Beton verschlossenen Kammer trocken im Salz liege. „Dass da alte Lauge in der Kammer drin ist, wussten wir nicht“, sagte der Sprecher. Das Cäsium überschreitet derzeit den Grenzwert um das Zwei- bis Dreifache. KAI SCHÖNEBERG