Ostsee: Fehmarnbelt zieht Fähren an

Zwei norwegische Reedereien wollen eine weitere Fährverbindung auf der Vogelfluglinie zwischen Deutschland und Dänemark eröffnen. Das Bundeskartellamt prüft. Die Brücke soll dennoch gebaut werden.

Bild: dpa

Es könnte eng werden auf dem Fehmarnbelt. Ein Konsortium der norwegischen Reedereien Fosen und Eidsiva Rederi will eine zusätzliche Fährverbindung zwischen den Ostseeinseln Fehmarn und Lolland eröffnen. Dort betreibt bereits die Reederei Scandlines einen Pendelverkehr auf der Vogelfluglinie. Und zudem soll der Fehmarnbelt der Schauplatz des größten Infrastrukturprojektes der Europäischen Union werden: Die Querung der Ostsee zwischen Deutschland und Dänemark mit einer Brücke.

Eine "Erhöhung der Attraktivität der Fährverbindung" verspricht sich jedoch Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) von den Norwegern. "Grundsätzlich begrüße ich den Wettbewerb." Mehr Fähren würden zu niedrigeren Preisen und attraktiveren Angeboten für die Kunden führen.

Zurzeit pendeln vier Bahn- und Auto-Fähren der Reederei Scandlines im Halbstundentakt zwischen den Fährhäfen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf Lolland. Für die 20 Kilometer lange Passage brauchen sie 45 Minuten plus 15 Minuten Aus- und Einladung. Für weitere Schiffe sei in den beiden kleinen Häfen mit den für die Scandlines-Fähren maßgeschneiderten Zufahrtsbrücken weder Platz noch Zeit, ist aus dem Konzern zu hören: "Wie das logistisch funktionieren soll, ist uns ein Rätsel."

Scandlines ist die größte Fährreederei auf der Ostsee. Sie befährt acht Routen zwischen Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland und Litauen.

Im vorigen Jahr jedoch musste auch sie Einbrüche vor allem im Frachtverkehr hinnehmen. Im ersten Halbjahr wurden 24 Prozent weniger Lastwagen befördert.

Auch der Passagierverkehr war mit rund sieben Millionen Fahrgästen rückläufig. Das waren elf Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2008.

Auf der Vogelfluglinie über den Fehmarnbelt sanken die Zahlen im ersten Halbjahr 2009 ebenfalls: 2,7 Millionen Passagiere bedeuten ein Minus von 10,2 Prozent, 714.000 Autos ein Minus von 9,9 Prozent und 156.000 LKW einen Rückgang von 21,2 Prozent.

Dennoch wird ein Beschluss des Bundeskartellamtes erwartet, wonach Scandlines seine Häfen für die Konkurrenz aus Norwegen öffnen muss. "Bei uns ist ein kartellrechtliches Missbrauchsverfahren anhängig", bestätigt der Sprecher des Kartellamtes, Kay Weidner. Nach dem Gesetz sei es kartellrechtlicher Missbrauch, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen einem Konkurrenten die Nutzung verweigere, wenn dieser nicht auf anderem Wege als Wettbewerber tätig werden könne.

Dazu aber müssten Fosen und Eidsiva einen zweiten Hafen bauen, sofern sie Puttgarden nicht mitnutzen dürften. Weil sie für das dänische Rødby bereits eine Nutzungserlaubnis erhalten haben, gilt es als wahrscheinlich, dass auch die deutschen Kartellwächter die Kais von Fehmarn für den Wettbewerb öffnen. Mit einer Entscheidung sei "in Bälde" zu rechnen, sagt Weidner, wahrscheinlich im Lauf des Februar.

Bereits am 9. Dezember 2008 hatten die Norweger bei einer Sitzung im schleswig-holsteinischen Landesbetrieb für Küstenschutz in Kiel erste Planungen vorgelegt. Nach einem der taz nord vorliegenden Ergebnisprotokoll wollen sie mit zwei Fähren im Stundentakt zwischen Lolland und Fehmarn fahren. Sollte die Nutzung von Puttgarden nicht durchsetzbar sein, sollte in unmittelbarer Nähe ein zusätzlicher Hafen errichtet werden. Das würde allerdings ein ordentliches Planfeststellungsverfahren inklusive einer Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig machen, heißt es in dem Vermerk. "Dies ist aber nur möglich", wenn die Fläche "nicht für die feste Fehmarn-Belt-Querung benötigt" würde. Wird sie aber, stellte das Kieler Wirtschaftsministerium umgehend klar - und deshalb wandten Fosen und Eidsiva sich mit einer Wettbewerbsbeschwerde an das Bundeskartellamt. Von Scandlines in Puttgarden war am Montag keine Stellungnahme zu den Vorgängen zu erhalten.

Unklar bleibt, warum die Norweger auf eine Route drängen, die in ein paar Jahren durch eine Brücke ersetzt werden soll. Er sei überzeugt, dort "gutes Geld verdienen" zu können, wird Fosen-Direktor Olav Brein in den Lübecker Nachrichten zitiert. Was aus der Linie wird, wenn in etwa zehn Jahren tatsächlich der Brückenschlag über den Fehmarnbelt erfolgt sein sollte, bleibt bislang offen. Bisher gehen alle Einschätzungen davon aus, dass die Fährverbindung dann eingestellt werden muss.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister de Jager teilte auf Anfrage der taz nord denn auch mit, es könne "für die Brücke nur nützlich" sein, wenn zuvor "per Schiff Nachfrage generiert" worden sei: "Davon wird die Beltquerung profitieren." Fehmarns parteiloser Bürgermeister Otto-Uwe Schmiedt hingegen ist da skeptisch: "Der Kuchen wird nicht größer werden."

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