Neonazis greifen Journalisten an

RECHTSEXTREMISMUS Knapp 700 Neonazis marschieren am Samstag durch Hildesheim. Während 2.500 Menschen gegen den Aufmarsch protestieren, kommt es zu Übergriffen der Neonazis auf Journalisten

Bei den Polizeikontrollen wurden Schlagringe und ein Totschläger sichergestellt

Am Samstag zogen an die 700 Neonazis von der NPD bis hin zu den Freien Kameradschaften in Hildesheim durch die Straßen. Dabei kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf Journalisten. Nach dem Aufmarsch in Hildesheim haben abreisende Teilnehmer am Bahnsteig in Laatzen am Samstagabend Anhänger der linken Szene angegriffen. Eine Gruppe von rund 20 Neonazis ging auf eine gleich große Gruppen von Linken los, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Beamte der Bundespolizei, die den Zug begleiteten, hätten aber schnell eingreifen können. Verletzt wurde laut Polizei niemand.

Schon früh hatte die Polizei in der niedersächsischen Stadt die Aufmarschroute der Neonazis abgeriegelt. Die nördliche Innenstadt gehörte am Samstagnachmittag den Neonazis. Über dem Stadtteil, in dem viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, kreiste ein Hubschrauber, in den Straßen standen Wasserwerfer bereit. Auf der Südseite des Bahnhofs protestierten da schon an die 2.500 Menschen gegen diesen Marsch. Ein breites Bündnis hatte zu dem Protest aufgerufen. Blockadeversuche verhinderte die Polizei früh.

Seit Monaten hatte das Netzwerk um den Kameradschaftsführer Dieter Riefling aus Coppengrave nahe Hildesheim den Nazi-Aufmarsch vorbereitet. Bei den Polizeikontrollen wurden Schlagringe und ein Totschläger sichergestellt.

Offen aggressiv verhielten sich die Kameraden gegenüber den Medienvertretern. Schon vor Beginn hatte Dieter Riefling, der Ehemann von Ricarda Riefling, zusammen mit Kameraden Journalisten angegriffen. Ein Camcorder ging zu Bruch. Wenig später griffen Neonazis ein Kamerateam des NDR an und versuchten, die Kamera zu beschädigen.

Während die Journalisten nachfragten, was die Polizei nun unternehme, schlugen die Neonazis erneut zu – nun traf es einen Fotografen. Trotz Bildnachweis, wer zuschlug, ließ die Polizei die Täter weitermarschieren.

Das NPD-Bundesvorstandsmitglied Thomas Wulff sprach von Provokationen durch „so genannte Journalisten“. Die Kameradschaft Hildesheim entgegnete: „Wir wissen uns zu wehren.“ Warum die Polizei so defensiv blieb, fragten sich manche Journalisten. Später erklärt der Einsatzleiter Polizeidirektor Uwe Ippsen: „Das bedauere ich außerordentlich, entsprechende Ermittlungen sind aufgenommen.“ ANDREAS SPEIT