Gorleben: Innenminister will aufrüsten

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) redet gewalttätige Proteste gegen den Castortransport herbei - und fordert mehr Polizei, die der Bund bezahlen soll. Die Atomkraftgegner sind empört.

Sollen noch mehr werden: Polizisten sichern den Castortransport nach Gorleben. Bild: dpa

Wenige Woche vor dem nächsten Castortransport nach Gorleben redet Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann gewalttätige Demonstrationen im Wendland herbei. Fast täglich warnt der CDU-Politiker davor, dass die Proteste diesmal militanter würden als bei vergangenen Atommülltransporten. Die Ladung mit elf Castorbehältern wird aller Voraussicht nach am ersten Novemberwochenende an der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague starten.

"Man muss damit rechnen, dass der Castortransport dieses Mal sogar international registriert wird und auch gewaltbereite Demonstranten aus dem Ausland anlockt", sagt Schünemann. Zudem sei damit zu erwarten, "dass es auch brutaler wird" - der autonome Linksextremismus sei in der letzten Zeit gewalttätiger geworden. In keinem anderem Bundesland verzeichne man so viel Brände von Autos wie in Niedersachsen.

Sorgen bereiten dem Minister nach eigenen Angaben vor allem Aufrufe, aus Gleisen der Castor-Strecke Schottersteine zu entfernen. Tatsächlich fordern mittlerweile rund 60 Gruppen und Organisationen unter dem Motto "Castor schottern" dazu auf, den Schotter aus dem Gleisbett zu entfernen und die Schienen so für den Atommüllzug unpassierbar zu machen. Sie haben allerdings auch deutlich gemacht, dass es ihnen nicht um eine Konfrontation mit der Polizei geht. Auch die Liedermacher Konstantin Wecker und Hannes Wader sowie mehrere Bundestags- und Landtagsabgeordnete unterstützen die Schotter-Initiative.

Mit der angeblichen Gewaltbereitschaft von Castorgegnern begründet Schünemann zugleich seine Forderung nach noch mehr Polizei. "Wir richten uns auf einen großen Einsatz ein", sagt er. Die Herausforderungen für die Polizisten seien ähnlich groß wie beim Schutz eines G8-Gipfels. Beim G8-Treffen 2007 in Heiligendamm waren rund 18.000 Polizisten im Einsatz. Beim Castortransport 2008 - im vergangenen Jahr wurde der Transport wegen Problemen mit neuen Behältern abgesagt - hatten rund 10.000 Polizisten die Ladung gesichert.

Der Innenminister befürchtet auch, dass sich die Kosten des Polizeieinsatzes zum Schutz des Castortransportes deutlich erhöhen. Vor zwei Jahren musste Niedersachsen über die normalen Gehaltszahlungen für die eingesetzten Beamten hinaus zusätzlich 23 Millionen Euro aufwenden. Diese Summe werde bei dem im Herbst erwarteten Transport voraussichtlich noch einmal übertroffen. Schünemann möchte, dass der Bund diese Kosten übernimmt. "Der Polizeieinsatz beim Castor muss vom Bund als Sonderlast bestätigt werden, wir können uns die Mehrausgaben nicht bei anderen Bundesländern zurückholen", sagte er.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg weist die Äußerungen Schünemanns entschieden zurück. "Brutal ist nur die Wortwahl von Herrn Schünemann, die uns verunglimpfen soll", sagte ein Sprecher. "Wir setzen auf massenhaften, friedlichen und entschiedenen Protest."

Auch die Initiative "X-tausendmal quer", die eine große Sitzblockade auf der Castorstrecke organisiert, will sich von Schünemann "nicht kriminalisieren lassen". Gewaltfreien Widerstand gegen die Atomtechnologie "halten wir für unsere Verantwortung und unsere Pflicht", heißt es in einer Erklärung der Initiative. Dass Schünemann tausende Menschen, die sich gegen die Atompolitik zur Wehr setzten, als gewaltbereite Gruppe abstempele, sei "empörend".

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