Windenergie: Gegenwind für Windmüller

Auf der weltgrößten Windkraftmesse herrscht nicht nur Zuversicht. Ein heftiger Disput entzündet sich an den Atombeschlüssen der Bundesregierung.

Advokat des Energiewandels? Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) beim Besuch einer Windkraftanlage. Bild: dpa

Einige sind noch nicht überzeugt: "Gegenwind" verspricht ein Dutzend Windkraftgegner am Dienstagvormittag vor dem Husumer Messegelände. Mit Pauken, Trompeten und Trillerpfeifen tönen sie gegen "die Verschandelung der Landschaft" durch Windräder an. Derweil wird drinnen das hohe Lied der Windenergie gesungen: In zehn Jahren solle Schleswig-Holstein seinen gesamten Strombedarf durch Windkraft decken, erklärt etwa Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) zur Eröffnung der weltgrößten Windkraft-Messe in der nordfriesischen Kreisstadt.

Den neuen Rekord von 971 Ausstellern aus 28 Ländern verkündet Messe-Chef Hanno Fecke: "Wir haben hier die gesamte Bandbreite der globalen Branche." Auch Thorsten Herdan, Geschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA freut sich: "Das platzt hier aus allen Nähten." Die Windenergie sei von der globalen Wirtschaftskrise "nicht gebeutelt" worden, sondern weise "nachhaltiges Wachstum" auf. Mit einem Umsatz von 6,4 Milliarden Euro im Vorjahr und einer Exportquote von 75 Prozent habe "die deutsche Windindustrie ihre führende Stellung im Weltmarkt behauptet".

Kontraproduktiv seien aber die jüngsten Atombeschlüsse der Bundesregierung, stellt Hermann Albers klar. "Laufzeitverlängerungen von AKWs stehen dem Ausbau der Erneuerbaren Energien im Weg", sagt der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE). Er habe den Verdacht, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung "die Windkraft abschalten will". Als Beleg führt er das Ziel von 36.500 Megawatt Windstrom an, das im nationalen Energiekonzept als Ziel für das Jahr 2050 definiert wird. "Wir sind jetzt schon bei 26.000 und können schon in zehn Jahren problemlos 55.000 erreichen", so Albers - es sei denn, der Ausbau werde gezielt behindert.

Die Windmesse in Husum hat sich seit dem Start 1989 in einer ehemaligen Viehauktionshalle zur internationalen Leitmesse der globalen Windkraftbranche entwickelt.

Die Zahl der Aussteller hat sich mit aktuell 971 gegenüber dem Jahr 1999 verzehnfacht.

Auf 43.000 Quadratmeter um ein Drittel erweitert worden ist soeben das Messegelände: Ende August wurde ein hochmodernes Congresscenter eingeweiht.

Mehr als 30.000 Besucher aus 78 Ländern werden in den fünf Tagen bis Samstag in der 23.000 Einwohner zählenden Stadt erwartet. Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen auch im weiteren Umkreis sind bereits seit Monaten ausgebucht.

Das solle er ganz gewiss nicht, versichert Hildegard Müller, Chefin des Verbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Alle Energieunternehmen, "ob erneuerbar oder konventionell, müssen enger zusammenrücken", sagt sie - und fordert von Albers genau die Bereitschaft zur Kooperation ein, die ihre Verbandsmitglieder, die großen Energieunternehmen, den Ökostromern zwei Jahrzehnte lang verweigert hat. Nun aber sei der BDEW "zum ersten Mal in Husum, um den Dialog anzubieten", versichert Müller, die bis vor zwei Jahren als Staatsministerin im Kanzleramt engste Vertraute der selbsternannten "Klimakanzlerin" Angela Merkel gewesen ist.

Albers beharrt dennoch darauf, dass die Energiepolitik der Bundesregierung "den Ausbaupfad der Erneuerbaren torpediert". Das bestätigte zeitgleich in Stockholm der schwedische Energiekonzern Vattenfall: Er gab bekannt, seine nach einer Pannenserie seit 2007 stillstehenden AKWs Krümmel und Brunsbüttel spätestens Sommer 2011 wieder ans Netz nehmen zu wollen. Gerade wegen der verlängerten Laufzeiten sei das Festhalten an den Kraftwerken "sehr wichtig", so Konzernchef Øystein Løseth.

Gleichzeitig widersprach der Vattenfall-Chef Berichten über einen Ausstieg aus den umstrittenen Kohlekraft-Aktivitäten in Deutschland. Das Kraftwerk in Hamburg-Moorburg solle wie geplant gebaut werden. Allerdings müssten die Unternehmenskosten vor allem in Deutschland gesenkt werden. Grund seien Einnahmeausfälle durch den Stillstand der beiden Atommeiler sowie der immer stärkere Druck auf den Strompreis durch den Ausbau der Windenergie.

In Husum sorgte die Nachricht aus Schweden zumeist für Sorgenfalten. "Atom- und Kohlekraftwerke können sich dem System der Erneuerbaren nicht anpassen", so Albers: "Ein harmonisches Miteinander der Technologien ist ein Märchen der großen Energiekonzerne."

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