Flugsteuer: Freier Flug für die Inseln

Die ostfriesischen Inseln fordern eine Befreiung von der Flugsteuer. Bundestagsabgeordnete sehen Versorgung in Gefahr, Inselbürgermeister fürchten um den Tourismus und die Fluggesellschaften ums Geschäft.

Helgoland aus der Luft: Nicht weit von hier fordern ostfriesische Abgeordnete, Inselflüge nicht zu besteuern. Bild: dpa.

Die ostfriesischen Bundestagsabgeordneten von SPD, CDU und FDP setzen sich für eine Änderung der Flugsteuer bei Inselflügen ein. Vom Bundeskabinett wurde das Gesetz zur Luftverkehrsabgabe bereits beschlossen, die Abgeordneten sind aber optimistisch, es vor Inkrafttreten noch ändern zu können. "Es geht hier schließlich nicht um Urlaubs-Flüge nach Gran Canaria, sondern um die Versorgung der Insulaner", so Sebastian Lange, Sprecher des Bundestagsabgeordneten Garrelt Duin (SPD).

Viele Inselbewohner seien auf regelmäßige Flüge angewiesen, sagt Lange. Die Inseln seien tideabhängig - der Schiffverkehr richtet sich nach der Flut. Besonders betroffen sind Helgoland, Juist und Wangerooge, in den Wintermonaten kommt dort die Fähre nur einmal täglich. "Die Frage, ob man mit dem Schiff fahren kann, stellt sich dann nicht", so Lange.

Zwar sind nach dem bisherigen Gesetzesentwurf Inselbewohner von der Flugpreiserhöhung ausgenommen. Die Abgeordneten befürchten allerdings, dass die Fluggesellschaften die Inselflüge zusammenstreichen könnten -und wenn es keine Flüge mehr gebe, nütze die Befreiung von der Flugsteuer auch nichts mehr.

Im Juni 2010 wurde das Gesetz zur Luftverkehrsabgabe vom Bundeskabinett beschlossen.

Touristische Kurzstreckenflüge von inländischen Flughäfen werden danach mit acht Euro besteuert.

Ziel der Flugsteuer ist es, den Ausstoß umweltschädlicher Stoffe zu reduzieren.

Die geplanten Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro jährlich fließen in den Bundeshaushalt.

Die Fluggesellschaften fürchten Einnahme-Verluste und wehren sich gegen den Entwurf.

Zurzeit befindet sich das Gesetz im Haushaltsausschuss, Ende November könnte es vom Bundestag verabschiedet werden.

Die ostfriesischen Parlamentarier fordern darum, die Inseln von der Flugsteuer zu befreien. Im Gespräch sind explizite Ausnahmeregelungen für die Insulaner, eine Befreiung von Kleinmaschinen oder eine Kilometergrenze. "Wie wir das einbauen, ist mir egal", sagt Hans-Werner Kammer, Bundestagabgeordnete der CDU aus dem Wahlkreis Friesland-Wilhelmshaven-Wittmund.

Auch Kammer wirbt mit dem Argument, die Versorgung der Inseln sei ohne einen regelmäßigen Flugverkehr nicht mehr sichergestellt. Dass der Tourismus daran zerbrechen könnte, glaubt er nicht - im Unterschied zu einigen Insulanern. So sieht der stellvertretende Bürgermeister von Juist, Thomas Vodde, den Fremdenverkehr auf seiner Insel bedroht. "Die einzige Fähre fährt oft nur morgens um acht. Welcher Gast will so früh schon abreisen?", fragt Vodde.

Juist lebt vom Tourismus, rund 90.000 Gäste beherbergt die Insel jährlich. Werden die Flugpreise nun erhöht oder die Flugpläne ausgedünnt, würden viele Urlauber wegbleiben, fürchtet Vodde.

Kurz nach dem Gespräch mit Bürgermeister Vodde ruft Jan-Lüppen Brunzema an, der Geschäftsführer der Fluglinie Luftverkehr Friesland Harle (LFH). Er wolle betonen, welche Konsequenzen die Flugsteuer für die Inseln und für sein Unternehmen hätte, sagt Brunzema. Der zusätzliche bürokratische Aufwand sei groß. "Wir brauchen dann von jedem Passagier eine Ausweiskopie."

Mit 15.000 Flügen im Jahr befördert die LFH mehr als 10.000 Passagiere allein nach Wangerooge. Nur zehn Prozent seien Insulaner, sagt Brunzema. "Von denen allein könnten wir nicht überleben." Ähnlich dunkle Bilder malt die ostfriesischen Fluglinie OLT. Dort fürchtet man "drastische Einbußen", wie Verkaufsleiter Reinhold Beekhuis sagt.

Für Thilo Hobbe sind das "vorgeschobene Argumente". Hobbe sitzt für die Grünen im Bundestag und ist der einzige ostfriesische Abgeordnete, der nichts an der Flugsteuer ändern will. "Sinn der Sache ist es doch", sagt er, "dass ich mich frage, ob ich wirklich fliegen muss." Dass sich die anderen Abgeordneten für die Interessen der Fluggesellschaften einsetzen, bewertet Hobbe als "Lobbyarbeit". Der bürokratische Mehraufwand würde sich seiner Meinung nach in Grenzen halten.

Auch einige Hoteliers sehen die Lage nicht so düster. Thomas-Erland Michalski, Direktor des Vier-Sterne-Hotels "Villa im Park" auf Wangerooge, hat schon einen Plan B: "Für die Gäste, die mit dem Flugzeug anreisen, würden die Zimmerpreise sinken."

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