Schweres Geschütz im Nordbank-Ausschuss

HSH-KRISE Ehemaliger Wirtschaftsminister Marnette spricht von Vertuschung. Bank sei nicht über den Berg

Schleswig-Holsteins Landesregierung trägt nach Ansicht des früheren Kieler Wirtschaftsministers Werner Marnette (CDU) eine Mitschuld an der Krise der HSH-Nordbank. Nicht allein die Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 habe zu dem Chaos bei der HSH geführt, sagte Marnette gestern vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages in Kiel. Sie habe der Landesregierung – insbesondere Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) – vielmehr als Alibi gedient, um eigene Fehler und Versäumnisse zu verheimlichen. „Vieles“, so Marnette, „sollte einfach vertuscht werden.“

Vor allem das Verhalten und die Informationspolitik Wiegards, aber auch die Rolle von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) kritisierte er scharf. Er selbst sei vor seinem Eintritt ins Kieler Kabinett fast vier Jahre Beiratsvorsitzender der HSH Nordbank gewesen und habe sich verpflichtet gefühlt, sich im Kabinett zu dem Thema einzubringen, sagte der ehemalige Chef der Norddeutschen Affinerie. Dabei sei er aber auf den Widerstand etwa des Finanzministers und des Bankvorstandes gestoßen und habe auch von Carstensen keine Unterstützung erhalten.

Anteilseigner und Aufsichtsrat hätten bei der Kontrolle des Vorstands versagt. Es sei unfassbar und skandalös, dass Bank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher in einer „wirklich primitiven Grafik“ die Neuausrichtung der Bank vorstellen konnte und so insgesamt 13 Milliarden Euro von Hamburg und Schleswig-Holstein erhalten habe. Nach Marnettes Überzeugung ist das Geldinstitut noch nicht über den Berg: „Die HSH Nordbank war und ist in einer existenzbedrohlichen Situation.“

Die Kieler Staatskanzlei wies die Vorwürfe zurück. Marnette wiederhole alte Fehlprognosen, teilte Regierungssprecher Knut Peters mit. Auch CDU-Obmann Tobias Koch bezeichnete die Aussage als „Ansammlung bereits aus der Presse bekannter Vorwürfe, subjektiver Bewertungen und Widersprüche“. Für Jürgen Weber, SPD-Obmann im Ausschuss, sind die Vorwürfe hingegen plausibel unterlegt mit zahlreichen Details.  (dpa)