Radikalisierung im Programm

ULTRARECHTE Der bekennende Neonazi Thomas Wulff will die Hamburger NPD führen. Im Gegensatz zum Landesverband Mecklenburg-Vorpommern hat diese kein Problem mit Wulffs Vorstrafen

Der Neonazi Thomas Wulff scheint den Hamburger Landesvorsitz der NPD anzustreben. In der Landesführung sitzen schon einige seiner Weggefährten. „Mit der Amtsübernahme wird eine erneute Radikalisierung des Verbandes einhergehen“, vermutet Christian Dornbusch, Mitherausgeber von „88 Fragen und Antworten zur NPD“.

In der Szene gab es schon länger Gerüchte, dass der politische Ziehsohn des verstorbenen NPD-Bundesvize und Hamburger NPD-Landeschefs Jürgen Rieger das Amt anstrebt. „Theoretisch stehe er für den Landesvorsitz zur Verfügung“, bestätigte Wulff dem Hamburg-Journal des NDR-Fernsehens. Das 47-jährige NPD-Bundesvorstandsmitglied ist bereits vom NPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern nach Hamburg gewechselt.

Vor gut neun Jahren war Wulff aus Hamburg nach Amholz gezogen, wo er mit Gleichgesinnten ein Gutshaus erworben hatte. In der NPD um den Schweriner Fraktionschef Udo Pastörs kam er aber nicht gut an, da er, wie sein Ziehvater Rieger, zu einem offenen Hitlerismus neigt. So Wulff trägt auch gern seinen Spitznamen „Steiner“ – angelehnt an den General der Waffen-SS Felix Steiner. Damit schafft er ein Image, das die NPD in Mecklenburg-Vorpommern vermeidet, um wählbar zu erscheinen.

Im Hamburg dürfte eine Kandidatur Wulffs, der schon wegen Volksverhetzung vor Gericht stand, zu keinem Machtkampf führen. Wulffs Vita wird hier sehr geschätzt. Als Rieger den Landesvorsitz übernahm, reihten sich Kader aus dem verbotenen „Hamburger Sturm“ in die Partei ein, militante junge Männer, die als Jugendliche schon gut mit Wulff konnten. Seit dem Tod Riegers leitet Torben Klebe kommissarisch den Verband. Ein Wechsel des Vorsitzes zu Wulff, befürchtet der Verfassungsschutz, könnte die Szene zu mehr Militanz ermuntern.

Wulffs Amtsantritt könnte am 8. November in Bochum verhindert werden. Das Landgericht will an diesem Tag entscheiden, ob Wulff bei einer NPD-Demonstration eine volksverhetzende Rede gehalten hat. Der Staatsanwalt fordert für Wulff eine Haftstrafe, auch weil er schon zwölfmal auf Bewährung verurteilt wurde. Wulff identifiziere sich mit der Ideologie des Nationalsozialismus. ANDREAS SPEIT