SANDRA TROSTEL, DOKUMENTARFILMERIN
: Vom Zugriff des Geldes

■ 34, ist Schwäbin und arbeitet seit 1996 in Hamburg als Post Production Supervisor, Regisseurin und Cutterin.  Foto: Privat

Es ist Mai 2008 und die Hamburger Band 1000 Robota spielt schon, als die Regisseurin Sandra Trostel in den Club kommt. Trostel ist beeindruckt von den drei Jungs, alle gerade mal um die 18 Jahre alt, frech und voller Wut, Anklage und Willen. Noch am selben Abend kommt sie mit ihnen ins Gespräch, hört von dem Plattenvertrag, den die Band bereits hat und vom Interesse englischer Musikmagazine.

Trostel kommt in dem Moment, in dem der Medienhype um 1000 Robota anfängt. Und beschließt, eine Langzeitdokumentation zu drehen – ihr Doku-Debut, nachdem sie zuvor als Cutterin und Regisseurin von Musikvideos gearbeitet hat.

„Utopia Ltd.“ hat Trostel ihre Dokumentation genannt. Am 11. Februar wird der Film die Sektion Perspektive Deutsches Kino auf der diesjährigen Berlinale eröffnen. Seit ein paar Tagen gibt es einen Verleih, der den Film im Mai bundesweit in die Kinos bringen will. Trostel hat Interviewanfragen vom Deutschland Radio Kultur bis zur Berlinale-Redaktion der Tagesschau bekommen. Um ihren Film bahnt sich ein Hype an. Wie seinerzeit bei 1000 Robota – nur, dass Trostel 34 Jahre alt ist und keine 18.

Das Alter nämlich ist wichtig bei der Geschichte von 1000 Robota. Als die drei Jungs aus dem Hamburger Speckgürtel ihre Band gründen, gehen sie noch zur Schule. Ihre Songs sind kurze, aggressive und dissonante Parolen, ihr Gehabe ist großkotzig. Es geht darum, mehr zu wollen, als eine deutsche Mittelstandsbiografie zulässt. Mehr Freiheit und weniger Hamsterrad und ökonomische Zwänge.

In die allerdings geraten 1000 Robota sofort: Die Plattenfirma will mitreden bei der CD und die Kosten für die Tour drücken. Stefan Raab lädt die Band zu seiner Pro-7-Show Bundesvision-Songcontest ein. Der Sänger tritt eine Ausbildung an. Die anderen beiden machen Abitur und denken nach, was werden könnte aus ihnen. Weil ihnen dämmert, dass die Freiheit der Kunst da aufhört, wo es ums Geld geht.

Trostels Film behandelt ein Thema, das nicht nur 1000 Roboto betrifft. „Das meiste wird nur durch den Geldfluss gelenkt“, sagt Trostel. „Was zählt da noch die Leidenschaft? Wo bleibt die Freiheit?“ KLAUS IRLER