DER RECHTE RANDWIE EIN VERURTEILTER SS-MANN UNBEHELLIGT IN OSNABRÜCK LEBT
: Prozess ohne Konsequenzen

Das Urteil des Militärgerichts Verona wird er anfechten. Zwar liegt die schriftliche Begründung noch nicht vor. „Sie können aber davon ausgehen“, sagt Rechtsanwalt Robert Seidler, „wir gehen in Berufung.“ Sein Mandant, Ferdinand O. aus Osnabrück, sei unschuldig.

Am 6. Juli hatte das italienische Gericht sieben ehemalige Angehörige der Fallschirm-Panzer-Division „Hermann Göring“ wegen Massakern an italienischen Zivilisten zu lebenslanger Haft und hohen Entschädigungszahlungen verurteilt. Seit 2009 war über zunächst insgesamt 12 Soldaten der Eliteeinheit verhandelt worden. Drei Angeklagte verstarben vor der Urteilsfindung, zwei wurden freigesprochen.

Keiner der Angeklagten, heute allesamt zwischen 80 und über 90 Jahre alt, betrat selbst den Gerichtssaal. Die Reise wäre für seinen 93-jährigen Mandanten zu „beschwerlich“ gewesen, sagt auch Anwalt Seidler. Er selbst war in Verona, um, so Seidler, Verfahrens- und Übersetzungsfehler geltend zu machen.

Das Gericht sah es dennoch als erwiesen an, dass der damals 26-jährige O. als Offizier an vier Angriffen auf Zivilisten in der Emilia-Region und der Toskana beteiligt war. Gemäß italienischem Militärrecht reichen persönliche Anwesenheit sowie die Befehlskette aus für eine Verurteilung. Insgesamt 391 Zivilisten ermordete die SS-Einheit 1944 bei den vier Aktionen. In das Dorf Vallucciole etwa fielen die Deutschen am Morgen des 13. April ein, vergewaltigten Frauen und erschossen sie. Sie töteten die Männer und sogar Kleinkinder. In Vallucciole kamen 108 Menschen um, Häuser und Ställe wurden angezündet. Insgesamt soll die SS-Division, sagt der Historiker Carlo Gentil, in Italien etwa 1.500 Männer, Frauen und Kinder getötet haben.

Eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Helge Limburg im niedersächsischen Landtag bestätigt, dass O. keine rechtlichen Konsequenzen befürchten muss: Das deutsche Recht schützt ihn vor einer möglichen Auslieferung. „Das Strafrecht ist nur bedingt zur Vergangenheitsbewältigung geeignet“, sagt Limburg selbst. Solche Täter zu verfolgen, sei aber aus moralischen und historischen Motiven notwendig. „Das schulden wir den Opfern.“

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland