DER RECHTE RANDWie sich die rechte Szene in Wilhelmshaven neu formiert
: ZUR GEWALT BEREIT – UND FÄHIG

Glas brach, Holz barst: In der Nacht zum Sonntag attackierten Neonazis das „Epizentrum“ in der Wilhelmshavener Marktstraße. Fast 30 Minuten lang flogen Flaschen und ein Gullideckel auf das selbstverwaltete Zentrum. Es habe „eine Auseinandersetzung mit möglicherweise rechtsmotivierten jungen Erwachsenen gegeben“, sagt ein Polizeisprecher.

In den vergangenen Monaten traten solche „rechtsmotivierten jungen Erwachsenen“ in der Stadt verstärkt aggressiv auf: Sie versuchten eine Veranstaltung des „Netzwerk gegen Rechts“ zu stören und beschädigten ein Büro der örtlichen Linkspartei. Zuvor war die rechtsextreme Szene rund um Christian Schneeweiss und die frühere „AG Wiking“ lange Zeit wenig aktiv gewesen. Seit Schneeweiß zugezogen sei, gebe es wieder eine „Leitfigur, die auch Jüngere begeistern kann“, sagt Tim Sommer vom Netzwerk gegen Rechts.

NPD-Mitglied Schneeweiß, der sich in E-Mails auch schon „Siegkraft“ nennt, verbüßte nach einem Brandanschlag auf einen muslimischen Gebetsraum in Sittensen eine Haftstrafe. Nachdem er eine Journalistin bedroht hatte, fand die Polizei bei ihm eine Briefbombe. Bereits kurz nach der Entlassung aus dem Gefängnis kündigte er bei einem Aufmarsch in Bremen an, in Wilhelmshaven eine „Aktionsgruppe“ aufzubauen. Eine neue „Anti-Antifa-Website“ veröffentlicht nun Bilder und Adressen, darunter auch die Sommers. Was dem Familienvater unwillkommenen Besuch einbrachte: Neonazis tauchten vor seiner Wohnung auf.

Sommer will weder dramatisieren noch relativieren. Nachdem das Netzwerk Namen der rechten Gruppe öffentlich machte, seien jüngere Kameraden mit ihren Eltern zur Polizei gegangen, um zu beteuern, da irgendwie „reingeraten“ zu sein und raus zu wollen. Den harten Kern habe die Aktion nur enger zusammen geschweißt: „Diese Gruppe ist gewaltbereit und -fähig.“

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland