DER RECHTE RANDWARUM EIN RECHTER SZENELADEN DOCH GEöFFNET BLEIBT
: Dem Formfehler sei Dank

Der Räumungsverkauf lief schon: „Großen Ausverkauf“ verkündete im März 2011 der Neonazi-Szeneladen „Streetwear“ im niedersächsischen Tostedt (Kreis Harburg) – „aus aktuellem Anlass“: ein Gerichtsurteil gegen Ladenbetreiber Stefan Silar, nachdem dieser zusammen mit Kameraden auf Demonstranten losgegangen war.

Wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilte das Landgericht Stade Silar zunächst zu anderthalb Jahren Haft. Eine Berufungsverhandlung endete dann mit einem milderen Urteil: neun Monaten auf Bewährung und die Auflage, den Laden zu schließen. Am Dienstag nun wurde bekannt, dass das Celler Oberlandesgericht Celle dieses Urteil aufgehoben hat.

Am Pfingstmontag 2010 hatten Demonstranten gegen den größten einschlägigen Laden in Norddeutschland protestiert. Unweit davon trafen etwa 70 Gegner und rund 20 „Streetwear“-Sympathisanten aufeinander. Silar und andere durchbrachen eine Polizeikette und bedrohten einen Gegendemonstranten mit einem Klappmesser mit 20-Zentimeter-Klinge. Später stellten Beamte bei ihm obendrein eine Pistole sicher.

Die Aufhebung des Stader Urteils sei prozessrechtlich begründet, sagt ein Sprecher der dortigen Staatsanwaltschaft. Demnach hätte das Landgericht einen Strafbefehl wegen einer Pistole nicht zusammenhängend mit dem Vorwurf des Landfriedensbruches unter Verwendung eines Messers behandeln dürfen.

1992 war Silar zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt worden, weil er an der Tötung eines Mannes beteiligt war, der sich negativ über Adolf Hitler geäußert hatte. Seinen Laden kann der 39-Jährige nun weiter betreiben. Seit sechs Jahren ist „Streetwear“ ein Anlaufspunkt für die äußerst militante regionale Neonazi-Szene.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland