Indiskretion bei Elbphilharmonie: Und der Senat schaut zu

Kulturbehörden-Jurist teilt dem Untersuchungsausschuss mit, dass Hochtief interne städtische Papiere gehabt habe. Warum die Stadt dem nicht nachging, bleibt offen.

Ort voller Geheimnisse: Elbphilharmonie Hamburg Bild: dpa

HAMBURG taz | Hochtief-Sprecher Bernd Pütter ist empört: "Wir finden das eklig", sagte er am Freitag. "Wenn sich der Kulturbehörden-Jurist nicht genau erinnert, soll er doch schweigen." Die Rede ist von Hamburgs Elbphilharmonie, deren staatlicher Kostenanteil von 77 auf inzwischen 323 Millionen Euro stieg. Wie es dazu kam, ergründet derzeit ein Untersuchungsausschuss.

Das Hauptaugenmerk der Zeugenbefragungen liegt dabei auf den beiden Verträgen, die die Stadt mit Hochtief abschloss: dem ursprünglichen von 2006 und dem überarbeiteten von 2008 - dem Nachtrag 4. Er hatte Termin- und Preissicherheit bringen sollen. Stattdessen war die Stadt mit einem saftigen Preisanstieg von 114 auf 323 Millionen Euro aus den Verhandlungen gegangen, von denen 137 Millionen an Hochtief gingen.

In eben diesen Verhandlungen, so hat es Kulturbehörden-Jurist Jochen Margedant dem Ausschuss jetzt mitgeteilt, habe einer der Hochtief-Kollegen mit einem Blatt hantiert, das Margedant als internes Elbphilharmonie-Aufsichtsrats-Papier zu erkennen glaubte. Hamburgs Hochtief-Niederlassungsleiter Thomas Möller habe das Papier im weiteren Gesprächsverlauf auch erwähnt. Genau das aber hatte Möller im Untersuchungsausschuss vom vorigen Herbst bestritten. Er kenne das Papier nicht, sagte er damals.

Die Unterlagen sind brisant, weil sie nicht nur die Verhandlungsstrategie der Stadt in den damals festgefahrenen Gesprächen mit Hochtief skizzierten. Die Stadt fürchtete, Hochtief werde aus dem Projekt aussteigen, und hatte kurzfristig ihren Chefverhandler Hartmut Wegener entlassen. Darüber hinaus enthält das Dokument die Obergrenze dessen, was die Stadt in den Nachverhandlungen drauflegen durfte. Dabei war zunächst von 90, in einer zweiten Version von 72 Millionen Euro die Rede gewesen. Welche Version der Hochtief-Mitarbeiter in der Hand hatte, konnte Margedant damals allerdings nicht erkennen.

Hochtief jedenfalls habe sich, so berichtete das Hamburger Abendblatt vorab, durch die Kenntnis des Papiers einen Verhandlungsvorteil verschafft. Dieser Vorteil indes erschließt sich bei näherer Überlegung nicht. Denn Ziel der Stadt war damals die Deckelung des Preises für die Elbphilharmonie, und Hochtief wollte das Gegenteil. Warum sollte Hochtief also ausgerechnet mit einem Dokument auftrumpfen, das die eigene Position konterkariert?

Brisanter scheint die Frage, wie Hochtief überhaupt in den Besitz des internen Schreibens kam. Margedant jedenfalls sprach nach der Sitzung mit Dieter Peters, dem Geschäftsführer der Elbphilharmonie-Realisierungsgesellschaft Rege. Der habe Margedants Verdacht, es handele sich um das besagte Aufsichtsrats-Papier, bestätigt.

Danach allerdings geschah nichts, die Suche nach der undichten Stelle in Kulturbehörde, Rege oder Elbphilharmonie-Aufsichtsrat blieb aus - bis heute. Eine plausible Erklärung dafür lieferte die Kulturbehörde bis Redaktionsschluss nicht. Man äußere sich nicht zu Fragen, die der Untersuchungsausschuss zu klären habe, sagte ein Sprecher. Und Hochtief-Sprecher Pütter beteuert: "Wir haben uns nie Zugang zu Dokumenten verschafft, zu denen wir keinen Zugang haben dürfen." Aber natürlich gebe es "etliche Unterlagen der Rege, die uns zugegangen sind." Ob das fragliche Papier dabei war, sagte er nicht

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