KOMMENTAR: PETER MÜLLER ÜBER DAS ENTERN DER HAFENFÄHRE
: Worum es wirklich geht

Es war nichts anderes, als eine Demonstration – eine Demonstration aus Verzweiflung

Das Entern der Hafenfähre „Elbmeile“ war sicherlich eine spektakuläre Aktion. Der Regionalausgabe der Bild war sie Aufmacher und noch gleich zwei Lokalseiten wert. Von „Kidnappern“, „Entführern“ und „Geiseln“ war die Rede. Es fehlte nur noch das Wort „Terroristen“ – was ja gern im Kontext mit der Kurdischen Arbeiterpartei PKK und dem Namen Abdulla „Apo“ Öcalan fällt.

Und auch in allen lokalen Nachrichtensendern war „Elbmeile“ die Spitzenmeldung, ohne die Hintergründe der Aktion zu beleuchten und zu benennen.

Was diese vier kurdischen Frauen und fünf Männer gemacht haben, ist natürlich eine strafbare Handlung gewesen. „Nötigung“ oder „Eingriff in den Schiffsverkehr“ nennt das Strafgesetzbuch so etwas, selbst wenn der Kapitän nicht mit Gewalt, sondern durch physische Anwesenheit zum Maschinen-Stopp veranlasst worden ist. Und auch die Passagiere mögen irritiert und verunsichert gewesen sein, obwohl ihnen zugesichert wurde, dass nichts passiert.

Mit Geiselnahme hat das Ganze aber überhaupt nichts zu tun. Es war nichts anderes als eine Demonstration – eine Demonstration aus Verzweiflung. Ein Protest, um auf die Zustände in Kurdistan aufmerksam zu machen, die sonst von den hiesigen Medien allzu gern verdrängt werden. Das jetzige Regime nämlich wütet wie früher die Militärjunta. Täglich sterben KurdInnen in und außerhalb der Hochsicherheits-Gefängnisse.