Streit um Schulfinanzierung: Dänen wollen 100 Prozent

In Flensburg demonstrieren Schleswig-Holsteins Dänen gegen die Kürzung der Zuschüsse für ihre Schulen. Dänische Kinder hätten einen Anspruch auf eine eigene Beschulung, das Land sei in der Pflicht.

Fühlen sich von der Landesregierung diskriminiert: dänische Demonstranten in Flensburg. Bild: Michael Staudt

FLENSBURG taz | 10.000 Menschen haben am Sonnabend in Flensburg gegen die Entscheidung der Landesregierung demonstriert, die dänischen Schulen nicht mehr so zu finanzieren wie öffentliche Einrichtungen. Die meisten Demonstranten sind Kinder und ihre Eltern, es gibt viele von Kinderhand gemalte Transparente, auf den Wangen mancher Kinder ist die dänische Flagge zu sehen – oder schlicht „100 %“.

Die Grundlage für die Bemessung der Gelder aus Kiel sind die durchschnittlichen Kosten, die ein Schüler im Land an öffentlichen Schulen verursacht – quer durch die Typen. Die Minderheitenschulen bekamen in den Jahren 2008 bis 2010 Zuschüsse in der Höhe von 100 Prozent dieses Durchschnittswerts für jeden ihrer rund 6.000 Schüler. Seit 2011 sind es nur noch 85 Prozent, das Land spart rund vier Millionen Euro.

Die Minderheit fühlt sich von dieser Kürzung diskriminiert und hat vor der Wahl noch einmal mobilisiert. Sie fordert 100 Prozent Gleichstellung. Ein immer wieder gehörter Satz auf der Demo lautet: „Unsere Kinder sind auch 100 Prozent wert.“ Mit diesem Slogan hat die Minderheit über den Schulverein für die Demo mobilisiert.

Die 46 Grundschulen und weiterführenden Schulen bekommen Zuschüsse

vom Land Schleswig-Holstein: 27,4 Millionen Euro

von der Bundesregierung: 3,5 Millionen Euro

von den Gemeinden: rund 0,5 Millionen Euro

vom dänischen Staat: 25 Millionen Euro (2010)

Besucht werden können sie von Kindern, deren Eltern sich als Teil der Minderheit verstehen.

Gegen den Diskriminierungsvorwurf wehrt sich die schwarz-gelbe Landesregierung. Thomas Schunck, der Sprecher des zuständigen Bildungsministeriums sagt: „Die Argumentation der dänischen Minderheit ist schief.“ Dänische Schulen seien Ersatzschulen. Es gebe eine Gleichstellung mit deutschen Ersatzschulen. Die Situation der dänischen Schulen sei sogar besser als die der durchschnittlichen deutschen Alternativschule in Schleswig-Holstein.

In den ersten zwei Jahren sind die finanziellen Einbußen für die Schulen überschaubar: Der Bund ist eingesprungen und stellt rund 3,5 Millionen Euro zur Verfügung. Ministeriumssprecher Schunck sagt: „Insgesamt bekommen die Schulen im Jahr 2012 mehr Geld als im Jahr 2009.“ Die Förderung liege bei etwa 96 Prozent.

Doch dahinter steckt eine politische Grundsatzfrage: Wer ist der Schul-Hauptversorger für die Minderheitenkinder? Olaf Runz, Mitglied des Direktoriums des dänischen Schulvereins, argumentiert, die Kinder hätten einen Anspruch auf eine eigene Beschulung. Sie aufzufordern, doch einfach an eine öffentliche Schule zu gehen, betrachten Minderheitenpolitiker als Aufforderung zu Assimilation. Schließlich würden Sprache und Kultur über die Schulen vermittelt.

„Wir wollen 100 Prozent – in guten wie in schlechten Tagen“, sagt Runz. Die Minderheit sei bereit, mitzusparen, aber wolle kein Sonderopfer bringen. Minderheitenbeschulung sei nun mal teuer, sagt Runz. Die Kinder lernten zwei Muttersprachen, außerdem seien es vergleichsweise weniger Schüler, die übers Land verteilt leben. Diese Sonderkosten würden durch die Zuschüsse des dänischen Staats gedeckt.

„Das Verhalten der Landesregierung hat gezeigt, dass für sie Gleichstellung ein Privileg ist und keine Selbstverständlichkeit“, sagt Felizitas Tries, Schüler-Botschafterin für die dänischen Minderheit in Deutschland, bei der Demonstration in Flensburg. „Die Landesregierung vergisst, dass sie auch unsere Landesregierung ist“.

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