KOMMENTAR: KAI VON APPEN ÜBER DIE TODESSCHÜSSE VON SITTENSEN
: Tendenziös ermittelt

Flüchtenden Räubern in den Rücken zu schießen, hat mit Notwehr nichts zu tun

Nun wird ihm wohl doch der Prozess wegen Totschlags gemacht: Dem 78-jährigen Rentner Ernst B. aus Sittensen, der im Dezember 2010 einen 16-jährigen Einbrecher in den Rücken schoss. Da könnte man das staatstragende Resümee ziehen: Gerechtigkeit setzt sich eben doch durch. Aber das wäre ein wenig gewagt.

Zum einen hat das Stader Landgericht die Anklage noch nicht zugelassen. Und zum anderen war es für die Familie des toten Labinot S. ein langer, steiniger Weg. Wochenlang demonstrierten sie in der 5.500 Seelen-Gemeinde, um eine Anklage gegen B. zu verlangen – bis noch vor Kurzem vergeblich.

Das gesamte Verfahren hat bis heute einen Makel nicht verloren: dass die Ankläger voreingenommen ermittelten, indem sie von Anfang an stets von Notwehr des Überfallenen ausgingen. Da war der honorige Kleinbürger, der in seiner Villa gleich von einer ganzen Sippe Roma überfallen wird. Und der da doch wohl das Recht haben muss, sein Besitztum zu verteidigen, und sei es mit Waffengewalt. Wichtige Fakten bewerteten die Ermittler falsch – wenn sie sie nicht gleich ganz für bedeutungslos erachteten: Etwa, dass die Räuber bis auf eine Softair-Spielzeugpistole unbewaffnet waren.

Sicher: Auch Ernst B. hat das Recht, sein Besitztum zu verteidigen. Gescheiterten, flüchtenden Räubern in den Rücken zu schießen, hat mit Notwehr aber nichts zu – und das hatte es auch im Dezember 2010 nicht.