Atomtransporte über norddeutsche Häfen: Klage für Atomtransporte

Die Bremer CDU klagt gegen das Verbot, "Kernbrennstoffe" über die Häfen des Landes umzuschlagen - und findet damit in allen Küstenländern Beachtung.

An ihrem Logo sollt Ihr sie erkennen: Atomtransport in Bremerhaven. Bild: Greenpeace

BREMEN taz | Mit dem Verbot, „Kernbrennstoffe“ über die Bremer Häfen umschlagen zu dürfen, überschreite das Land seine Kompetenzen, sagt die Bremer CDU. Am Freitag hat deren Fraktion vor dem Staatsgerichtshof, dem Verfassungsgericht des Landes Bremen, deshalb Klage eingereicht. Denn Atomtransporte seien nach Atomgesetz allein die Sache des Bundes. Mit einem Verbot würden die Landesgesetze missbraucht, um Bundesgesetzgebung zu untergraben, und: die EU-weite Warenverkehrsfreiheit werde eingeschränkt.

„Billigen Populismus“ mit der Nähe zur „Staatswirtschaft“, nennt der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp das Verbot und sieht sich deshalb in der Pflicht zu handeln. Zwar ist der Bremer Staatsgerichtshof nur bedingt zuständig, die CDU aber vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) nicht klageberechtigt. Teil ihres Antrags ist daher, die Normenkontrollklage im Zweifelsfall an das BVG oder den Europäischen Gerichtshof weiterzuleiten. „Wir sind in enger Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium“, so Röwekamp. Dieses könnte auch direkt vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, das aber „sei sehr unüblich“, so der Prozessbevollmächtigte der Bremer CDU, der Würzburger Verfassungsrechtler Kyrill Schwarz.

Der Bremer SPD-Umweltpolitiker Arno Gottschalk hingegen sieht eben darin den eigentlichen Grund für die CDU-Klage: „Sie spielen den Minen-Suchhund für Berlin.“ Er hält das Atomtransport-Gesetz für belastbar. „Wenn es so einfach zu kippen wäre, hätte der Bund sehr viel schneller den Klageweg beschritten.“ Es bestehe vor allem Angst vor einem Präzedenzfall.

Als Kernbrennstoffe gelten nach dem Atomgesetz "besondere spaltbare Stoffe im Form von Plutonium 239 und 241, mit den Isotopen 235 oder 233 angereichertem Uran" sowie Stoffe, mit deren Hilfe eine sich selbst tragende Kettenreaktion aufrechterhalten werden kann.

In Bremen liefen zwischen 2000 und 2009 nach Angaben der Grünen 393 Transporte mit Kernbrennstoffen, meist über die Straße. Über die Häfen liefen 2009 sieben und 2010 14 Transporte.

Im Hamburger Hafen wurden laut Linkspartei zwischen August 2009 und August 2010 132 Mal Kernbrennstoffe umgeschlagen.

In Niedersachsen könnten die atomaren Abfälle in Emden, Stade, Cuxhaven, Wilhelmshaven, Brake und Nordenham umgeschlagen werden.

Wohl nicht zu unrecht: Erst im Januar war die Änderung des Hafenbetriebsgesetzes in Kraft getreten. Dass Atomtransporte über die Häfen des Landes seitdem „im Interesse einer auf Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien ausgerichteten Gesamtwirtschaft“ ausgeschlossen sind, hatte in allen Küstenländern Beachtung gefunden. Jedoch auch, dass die Gesetzesänderung als rechtlich heikel gilt. Gegen die positiven Rechtsgutachten des Senats und der Linkspartei hatten die Bremer Handelskammer und die CDU mit eigenen Gutachten die Verfassungswidrigkeit feststellen lassen. Die anschließende frühzeitige Androhung einer Klage verfehlte ihre Wirkung nicht: Mitte April gab es eine Anhörung der Hamburger Bürgerschaft zu der Frage, inwiefern die Bremer Regelung auch dort gelten könnte. Die SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal bewertet den Vorstoß ihrer Bremer Parteigenossen nach der Debatte kritisch: offensichtlich gehe die Bremer Lösung „nicht so locker“.

Ende April befasste sich der Landtag Mecklenburg-Vorpommerns mit einem Antrag der Grünen, nach Bremer Vorbild auch Rostocks Hafen für Atomtransporte zu sperren. Der Landtag aber lehnte den Antrag ab – wegen der Rechts-Unsicherheit, die in Bremen herrsche.

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