DIE EM VOM NORDEN AUS (9)
: Veni, vidi, Waldi!

ist nicht der Onkel des Fußballspielers Wayne Rooney – und eben dadurch 2006 berühmt geworden

MARTIN ROONEY

Püree, alles Püree.“ Mein alter Freund Claus aus Ober Ochtenhausen, den ich fast beneide um seine vollständige Sammlung von Erstdrucken der Werke Arno Schmidts (darunter verschiedene Ausgaben von „Zettel’s Traum“), war vorige Woche in eine jener Hörfunksendungen an der Weserpromenade geraten, für die Radio Bremen berühmt-berüchtigt ist und die als „Diskussion“ bezeichnet werden – offenbar in Unkenntnis dessen, was dieses Wort bedeutet. Wie die Sendung im Funkhaus hieß, hatte Claus, seit Jahren ohne Fernseher, vergessen.

Ich hakte nach: „Kultur-Karawane“? „Bücher-Disko“? „Philosophie-Flipper“? Claus zuckte mit den Schultern. Freilich wusste er auch nicht mehr, worum es an jenem Nachmittag gegangen war. Doch sicher, warf ich ein, um eine jener bangen Fragen, die jedem Moderator und jeder Redakteurin zwischen Kap Arkona und Konstanz auf der Seele brennen: Sind unsere Universitäten vor lauter Exzellenzinitiativen noch zu retten? Brauchen wir mehr – oder weniger – Poetry on the Road ? Hat der Kapitalismus versagt?

Claus’ Augen glänzten: „Dieses Püree tue ich mir nicht mehr an. Wir beide fahren übermorgen nach Leipzig, ich habe zwei Karten für Waldis Club in einer Tombola gewonnen. In Ordnung?“ Gesagt, getan. Nur: Wir kamen bei unserer Stippvisite in der Pleiße-Stadt vom Regen in die Traufe.

Waldis Club (MDR) ist keine Satire, sondern als Brezel-Talk zum EM-Geschehen konzipiert. Zunächst mal ist da diese peinliche Bierkutsche, auf der die Gäste öffentlich bloßgestellt werden. „Wir sind die Besten in Europa, wir ham’ die geilsten Fans der Welt“, spielte die Band, und nicht nur die etwa 600 angeheiterten Schlachtenbummler grölten mit. Auch der ehemalige Sportredakteur des Bayerischen Rundfunks, Waldemar Hartmann, vulgo Waldi, war schon ganz geil: Er trug das schwarz-rot-goldene Armband und dirigierte seinen eigenen Musikantenstadl.

Bei so einer Duz-Maschine triumphierte die totale Kumpelhaftigkeit. Konzeptionell stimmte aber gar nichts. Selbst ein unbedarftes Eingangsstatement des ehemaligen Nationalspielers Lothar Matthäus (d. i.Matze Knop) geriet zur unfreiwilligen Lachnummer. In der anschließenden Diskussion, die – wie üblich – an nichts anschloss, blamierten sich Bärbel Schäfer, Elmar Wepper und Frank Elstner auf ganzer Linie: Man feierte „das beste Spiel einer deutschen Nationalmannschaft“ seit Jahrzehnten – so viel zum Sachverstand.

Der einzige Erkenntnisgewinn der Sendung ist, dass sie sich überlebt hat. Im Halbfinale ist dann – endlich – Schluss.