Weder Medien-Feind noch Freund

Man hört es immer wieder: Starker Medienkonsum führt bei Teenagern zu schlechten Schulnoten, erhöht ihre Gewaltbereitschaft, macht sie zu Taugenichtsen, die daddeln, statt lernen. Wenn Thomas Mößle morgen seine Antrittsvorlesung an der Uni Hildesheim hält, wird er versuchen, mit solchen Vorurteilen aufzuräumen, die er als zu kurz gedacht bezeichnet. „Pauschal kann man nicht sagen, dass Medien dumm machen“, sagt der Diplompsychologe. Sie seien einer von vielen Faktoren – so wie Elternhaus und Freundeskreis.

Mößle, seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachen (KFN), ist dort für die Medienwirkungsforschung verantwortlich. Für das KFN machte er einen Längsschnitt. Bedeutet: Der 36-Jährige begleitete sechs Jahre lang dieselben Schüler und beobachtete ihren Medienkonsum, um ihn mit der Schulleistung und Gewaltbereitschaft in Verbindung zu setzen. Ergebnis: „Man kann nicht von einer Monokausalität ausgehen.“

Während seiner Forschungen fand Mößle jedoch heraus, dass ein hoher Gewaltmedienkonsum zu einer geringeren Empathiefähigkeit bei Jugendlichen führt. „Das ist gefährlich“, sagt er, „da sich die Empathie wiederrum auf das Gewaltverhalten auswirkt.“

Der Diplompsychologe lebt in Hannover. Er habilitierte an der Universität Hildesheim zu den Auswirkungen digitaler Bildschirmmedien am Institut für Psychologie. Anfangs habe er sich jedoch nicht auf Medien spezialisieren wollen, sagt er. Doch das Angebot, am KFN den Längsschnitt zu machen, wollte er nutzen. „Wissenschaftler bekommen dazu selten die Möglichkeit.“

Mößle ist verheiratet und hat zwei Söhne, die bald in das Alter kommen, in dem Medien bedeutsam werden. „Ich werde versuchen, ihnen früh notwendige Regeln zu setzen.“ Er wolle Medien nicht verurteilen – eher müsse man Kinder früh lehren, bewusst damit umzugehen. AMA