Der Ausgeladene

Der norwegische Friedensforscher Johan Galtung ist an der Uni Kiel kein willkommener Gast. Bereits im Juni hatte der 82-Jährige zum Thema „Frieden mit friedlichen Mitteln“ sprechen sollen, aber nach heftigen Protesten wurde die Veranstaltung im Rahmen der Weizsäcker „W-Events“ kurzfristig abgesagt. Für den kommenden Montag ist Galtung erneut eingeladen – und wieder gibt es Proteste. „Kein Auditorium für Antisemiten“, fordert der „Koordinationskreis gegen Antisemitismus“ und will, dass Galtung zum zweiten Mal ausgeladen wird.

Der Mathematiker, Soziologe und Politologe Galtung hat viele Jahre mit Carl-Friedrich von Weizsäcker zusammengearbeitet. Er gilt als Mitbegründer der Friedensforschung und hat ein Friedensforschungsinstitut in Oslo gegründet. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 1987 den Alternativen Friedensnobelpreis. „Ein starkes Lebenswerk, das in die Weizsäcker-Veranstaltungsreihe gut hineinpasst“, erklärt Tobias Orthen, einer der Organisatoren der Reihe, die Einladung des umstrittenen Wissenschaftlers.

Umstritten, weil Galtung antisemitische Positionen vorgeworfen werden und genau deshalb protestieren sie in Kiel gegen ihn. Galtung hatte etwa in der israelischen Zeitung „Haaretz“ als „legitime Hypothese“ ins Feld geführt, dass der israelische Geheimdienst Mossad möglicherweise mit dem Massenmord durch den Norweger Breivik im Juli 2011 in Verbindung stehen würde.

Ob die Veranstaltung am Montag mit Johan Galtung stattfinden wird, soll heute entschieden werden. „Wir müssen schauen, wie wir mit der Kritik an ihm umgehen“, sagt Orthen, „wir haben die Dynamik unterschätzt.“Er bedauere jedoch die „öffentliche Fokusverschiebung in Richtung Antisemitismus“, die es kaum noch möglich mache, mit Galtung über „die eigentlichen Themen der Weltinnenpolitik und der Friedensforschung“ zu sprechen. Galtung selbst wolle zunächst die Resonanz in Kiel abwarten, bevor er sich zu der Kontroverse äußere, zitiert Orthen den Friedensforscher.  LIKS