Uni soll abrüsten

WISSENSCHAFT Studierende der Kieler Universität wollen eine Zivilklausel für ihre Hochschule. Das Institut für Sicherheitspolitik und das Präsidium sind dagegen

■ Seit dem Jahre 1986 hat die Universität Bremen eine „Zivilklausel“ als Selbstverpflichtung – dennoch ist weiterhin in Kooperation mit Rüstungsfirmen an militärischen Projekten geforscht worden.

■ In den Jahren 2008 bis 2011 flossen Forschungsmittel zwischen 20.000 und 50.000 Euro, insgesamt 228.000 Euro. Vor allem ging es um Projekte der Rüstungsfirma Rheinmetall.

■ Im Jahre 2012 hatte die Debatte um die Zivilklausel neu begonnen, weil die Raumfahrt-Firma OHB, die auch Aufträge der Bundeswehr hat, eine Stiftungsprofessur spendieren wollte. Der Akademische Senat hat sein Bekenntnis zur Zivilklausel erneuert. „Harte“ Sanktionsmöglichkeiten gibt es nicht – mit Hinweis auf die Wissenschaftsfreiheit.  EST/KAWE

VON ESTHER GEISSLINGER

Hubschrauber im Anflug, grimmige Männer in Tarnkleidung – auf seiner Homepage kommt das „Institut für Sicherheitspolitik“ (ISPK) der Universität Kiel martialisch daher. Das Institut ist nicht nur für die akademische Forschung und Lehre tätig, sondern es arbeitet auch im Auftrag des Verteidigungsministeriums, unter anderem zu „Niederschlagung von Aufständen“ und „Zuwachs von Massenvernichtungswaffen“. Damit soll Schluss sein, fordern Studierende der Universität: Der Asta ließ abstimmen, ob eine Zivilklausel künftig militärische Forschungen verbietet. Dafür gab es eine Mehrheit, doch Uni-Präsidium und Institut lehnen die Selbstverpflichtung ab.

An der Wahl zum Studierendenparlament, an die der Asta die Abstimmung über die Zivilklausel eingeklinkt hatte, beteiligten sich nur rund 4.000 der etwa 24.000 Studierenden der Kieler Uni. Deren Votum war eindeutig: Etwa zwei Drittel wollen die Zivilklausel. Sie soll nach Vorstellung des Asta in der Grundordnung der Uni verankert werden und „Forschung und Lehre frei von militärischen Einflüssen halten“. Lehrstühle hätten „eine Grundlage, für sie fragwürdige Drittmittelprojekte trotz Wettbewerbdrucks abzulehnen“, heißt es in einer Erklärung der Zivilklausel-Befürworter.

Das Problem ist nur: Die fraglichen Lehrstühle, vor allem das ISPK, halten die Projekte nicht für fragwürdig, sondern sind stolz darauf, entsprechende Aufträge nach Kiel zu holen. Nicht nur wegen der Drittmittel von zuletzt 2,7 Millionen Euro für ein siebenjähriges Projekt, sondern auch aus Überzeugung: Es gehe ja nicht um Krieg, sondern um Sicherheit, lässt sich der Geschäftsführer des ISPK zitieren, und der Leiter Joachim Krause unterstellte gar, die Angehörigen der „antimilitaristischen“ Gruppen litten wohl an „Paranoia“.

Grundsätzlich argumentieren die Gegner einer Klausel mit der Freiheit von Lehre und Forschung – eine Debatte, wie sie etwa von der Universität Bremen bekannt ist. Sie hat bereits 1986 eine Zivilklausel erlassen, aber mehrfach dagegen verstoßen.

Ruben Reid ist der Wortführer der Studierenden, die die Zivilklausel in Kiel durchsetzen wollen. Er schlägt eine breitbesetzte Ethikkommission vor, in der VertreterInnen aller Bereiche der Uni beraten, welche Projekte stattfinden sollen und welche nicht. Er blende die Probleme auf der Welt keineswegs aus, aber bei einer Zivilklausel gehe es schließlich nicht um die Frage, wie die Bundeswehr oder Auslandseinsätze bewertet würden, „sondern über den gemeinsamen Dialog über die Schwerpunkte der Hochschule“. Um einer Zivilklausel zu genügen, müsse das ISKP nicht ausgegliedert werden: „An Sicherheitsfragen lässt sich mit unterschiedlichen Ansätzen herangehen.“

Für Reid ist das Institut für Sicherheitspolitik nur der sichtbarste Bereich der Uni, der mit militärischen Forschungen verbunden ist. Zurzeit sammeln die Studierenden weiter Informationen. Sollte das auf offiziellen Wegen nicht gelingen, könnte Reid sich vorstellen, „einen Uni-Leaks-Briefkasten einzurichten. Das hat anderswo die Gesprächsbereitschaft schon im Vorfeld verbessert.“