Bremen im Jubeltrubel

WM-KRACH

Manchmal macht die Polizei auch in Bremen etwas richtig. Dann kriegt sie aber Dresche von rechts. Zum Beispiel wegen der Vorfälle in der Nacht des WM-Finales. Während im übrigen Norddeutschland die Feierei eher friedlich ablief, kam es dort zu Ausschreitungen im Stadtteil Vegesack.

Als ein Mob von fast 40 Jungmännern am dortigen Regionalbahnhof ein Einsatzfahrzeug angreift, dessen Heckscheibe zertrümmert, darauf einkloppt und es aufschaukelt, entscheiden sich die Beamten „zum taktischen Rückzug“, wie es die Polizeispitze ausdrückt – obwohl das „an der Dienstehre gekratzt“ habe. Ein Glück: „Die Alternative wäre der Gebrauch der Dienstwaffe gewesen“, informierte am Donnerstag Polizeipräsident Lutz Müller.

Das Problem: Die angeforderte Verstärkung brauchte, weil bei einem Public Viewing in der City ein junger Mann erstochen, bei einem anderen randaliert und obendrein die halbe Stadt vom Starkregen und Autokorsos überschwemmt wurde – zu lange, um einen Überfall auf die bahnhofsnahe Kneipe „Muddy’s“ zu stoppen. Da wurden Gäste angegangen und draußen aufgestellte Stühle und Tische in die Fenster geworfen.

Drinnen saß unter anderem der rechtspopulistische SPD-Politiker Peter Nowack, Ortsamtsleiter im Nachbarstadtteil. Der fordert nun, dass „wir härter durchgreifen“ müssten. Mental knapp rechts neben ihm angesiedelt, wütet die Formation „Bürger in Wut“ gegen die PolizistInnen, die „Reißaus“ genommen und einen „rechtsfreien Raum geschaffen“ hätten. Polizeipräsident Müller, der zunächst noch davor warnt, die Vorfälle „für politische Zwecke auszuschlachten“, und sich trotz Drängen des Boulevards weigert, eine neue Gesamtstrategie aufzulegen, spekuliert nachher über „neue Auswüchse der Event-Kultur“.

Ach, nehmen wir doch mal die Luft raus. Klar ist so ein Überfall ätzend und gemein. Er gehört verfolgt. Verletzungen schmerzen. ZeugInnen können traumatisiert sein. Ein Blick ins Archiv aber zeigt: So etwas gehört zu WM-Sieg-Feiern, immer, ja es war diesmal viel mäßiger als 1990. Damals löste der Titelgewinn „blutige Straßenschlachten in Bielefeld, Dortmund, Köln, Hamburg und Berlin“ aus – meldete damals die Nachrichtenagentur AP –, wobei in Köln die entfesselte Menge drohte „einen 18-jährigen Türken zu lynchen“. Dagegen blieb es diesmal richtig nett – selbst in Bremen. Gut, dass die PolizistInnen die Ruhe bewahrten und Verstärkung riefen. Und die Knarren im Holster ließen.  BES