„Die meisten werden bleiben“

FLÜCHTLINGE Schleswig-Holstein rechnet in diesem Jahr mit bis zu 20.000 Neuankömmlingen

Auf die Länder verteilt werden Asylbewerber nach dem „Königsteiner Schlüssel“: Er berücksichtigt Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl.

■ Bremen erwartet 2015 über 3.000 Flüchtlinge. Viele werden in Notunterkünften untergebracht.

■ In Hamburg leben 22.000 Flüchtlinge. 2014 meldeten sich dort rund 70 Prozent mehr Asylsuchende als im Jahr zuvor. Wegen voller Folgeunterbringungen harren sie teils viel länger als die vorgesehenen drei Monate in der zentralen Erstaufnahme aus.

■ In Niedersachsen ist die Zahl der Erstanträge im vergangenen Jahr um 50,8 Prozent auf 15.416 gestiegen. In diesem Jahr rechnet das Land mit 23.000 Asylanträgen.

Container auf dem Kieler Campus, Zelte in Neumünster: Schleswig-Holstein bereitet sich auf einen Zustrom von Flüchtlingen vor – und will die Zuwanderer als Chance sehen: „Wir leisten uns Humanität nicht, wir sind human“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) im Landtag. Er betonte: „Die allermeisten, die zu uns kommen, werden lange oder für immer bleiben.“

Das Innenministerium unter Stefan Studt (SPD) plant Szenarien mit bis zu 20.000 Menschen, die im Jahr 2015 nach Schleswig-Holstein kommen. Das Bundesamt für Migration geht bisher von gut 8.000 aus. Angesichts der Weltlage sei das zu gering, meint Studt. „Der Trend ist ungebrochen.“

2014 kamen 7.600 Flüchtlinge, im Januar schon 1.078. Das Ziel sei, bereits in der Erstaufnahme die Asylanträge zu bearbeiten und „klare“ Fälle zu entscheiden. Wer bleiben darf, soll dahin geschickt werden, wo seine Qualifikation gebraucht werde. Dafür sei ein Aufenthalt von sechs Wochen in einer Erstunterkunft nötig. Zurzeit werden die Ankömmlinge nach wenigen Tagen weitergeschickt. Deshalb warten 160.000 unbearbeitete „Altfälle“.

Damit diese Zahl nicht steigt, sind neue Erstunterkünfte geplant. Angedacht sind landeseigene Flächen in den Städten, etwa auf Uni-Gelände. Zurzeit baut das Land als Entlastung für die Erstaufnahmestelle in Neumünster eine Kaserne im benachbarten Boostedt aus.

Nicht nur Platz, auch Geld wird für die Flüchtlinge gebraucht. Das Land rechnet mit rund 106 Millionen Euro Kosten in diesem Jahr – knapp 40 Millionen mehr als geplant. Dabei beteiligt sich die Regierung auch an den Beträgen, die die Kommunen tragen müssen. „Wir zahlen 70 Prozent “, sagt Albig. Für die medizinische Versorgung sollen Gesundheitskarten nach Hamburger und Bremer Vorbild eingeführt werden.

CDU-Fraktionschef Daniel Günter kritisierte, das Thema sei lange bekannt, die Regierung reagiere viel zu spät. Widerstand ist auch vonseiten der Kommunen zu erwarten. Schon jetzt fordert Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) als Vorsitzender des Städtetags Schleswig-Holstein vier Millionen Euro zusätzlich, um Extrakosten für den Winter-Abschiebestopp in die Balkanstaaten auszugleichen.  EST