Erlanson will nicht schweigen

Weil er Betriebsrat in einer Klinik ist, soll der Linkspartei-Abgeordnete Peter Erlanson zu Themen der Gesundheitspolitik schweigen. „Dafür bin ich nicht gewählt worden“, sagt er, und will notfalls klagen

Von Klaus Wolschner

Als jüngst in der Bremischen Stadtbürgerschaft über den Bebauungsplan für das Klinikum Bremen Mitte beraten wurde, da durfte ein Experte in der Sache nicht reden: Peter Erlanson, Fraktionschef der Linkspartei. Als langjähriger Betriebsrat am Klinikum Links der Weser wäre Erlanson in dieser Frage – wie insgesamt in der Klinik-Politik – ein ausgewiesener Experte. Auch im Wahlkampf hatte er erklärt, dass er sich im Bereich Gesundheitspolitik engagieren will – im Parlament darf er das aber nicht.

Artikel 24 der Landesverfassung regelt, dass „ein Mitglied der Bürgerschaft nicht bei Beratungen oder Entscheidungen mitwirken (darf), die ihm (...) unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können“. Erlanson hätte sogar den Raum verlassen müssen – was er nicht tat. Denn es heißt weiter: „Wer an der Beratung nicht teilnehmen darf, muss den Beratungsraum verlassen.“ Das bedeutet: Selbst auf der Tribüne darf ein Abgeordneter nicht Platz nehmen.

„Das darf doch nicht sein, dass die einen nicht reden lassen, der Ahnung davon hat“, meint der Abgeordnete Erlanson dazu. Er habe schon darauf verzichtet, in den Krankenhausausschuss zu gehen – aber Redeverbot auch in der Bürgerschaft, das geht ihm zu weit. Und so will die Linkspartei dem Bürgerschaftsvorstand ankündigen, dass Erlanson reden soll, wenn die Große Anfrage der CDU zur Krankenhauspolitik debattiert wird.

Die Regelung der Bremischen Verfassung ist sehr strikt, erklärt Marlies Grotheer-Hüneke, amtierende Bürgerschaftsdirektorin. Und da Erlanson im Aufsichtsrat der Holding Gesundheit-Nord sitzt, seien die Interessen „seiner“ Firma direkt tangiert. „Das ist eine Beschneidung meiner Rechte als Abgeordneter“, sagt Erlanson, „wozu bin ich denn gewählt?“ Er habe insbesondere auch von solchen WählerInnen die Stimme bekommen, die ihn als Krankenhaus-Experten im Parlament sehen wollten. „Hier geht es doch nicht um persönliche materielle Interessen“, sagt Erlanson, sondern vielmehr um transparente politische Positionen. Wenn ihm gesagt würde, dass er nicht abstimmen darf, würde er das hinnehmen. Aber nicht reden? „Das kann nicht sein.“

Die Links-Fraktion will den Fall notfalls vor Gericht klären lassen und hat dafür den Bielefelder Staatsrechtler Andreas Fisahn als Berater gewonnen, der früher einmal um den Posten des Chef-Juristen in der Bürgerschaft mit Grotheer-Hüneke konkurriert hatte. Fisahn, so sagt die Linksfraktion, sei der Überzeugung, dass das Recht eines Abgeordneten gewichtiger sei als die bremischen Sorgen um Befangenheit.

Die Rechtslage ist kompliziert, erklärt Grotheer-Hüneke. In der Tat gibt es in keinem Landtag derartige Befangenheits-Klauseln für gewählte VolksvertreterInnen. Nun ist die Bremische Bürgerschaft gleichzeitig Kommunalparlament, und in Kommunal-Verfassungen ist die Befangenheits-Regelung üblich. Wer die Bremischen Landtagsabgeordneten anderen Landtagsabgeordneten gleichstellen wolle, sprenge die Einheit von Kommunal- und Landesverfassung.

Da die Frage bisher nur bei SPD-Abgeordneten wie etwa der DGB-Vorsitzenden Helga Ziegert aufgetaucht ist – und da im Vorfeld einvernehmlich geklärt wurde – hat es bisher nie einen förmlichen Beschluss des Bürgerschaftsvorstandes zu dem Thema gegeben. Geschweige denn eine Klage vor dem Staatsgerichtshof.