Mutige Aufarbeitung

Victor Zaslavsky erhält den Bremer Hannah-Arendt-Preis

Der Bremer Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken geht in diesem Jahr an den russischen Soziologen und Schriftsteller Victor Zaslavsky. Der heute Siebzigjährige habe mutig den Massenmord der sowjetischen Partei- und Staatsführung an tausenden polnischen Offizieren und Zivilisten im Jahre 1940 analysiert, teilt die Jury mit. Dies sei ein wichtiger Beitrag gewesen, um die europäische Geschichte verstehen zu können. Die mit 7.500 Euro dotierte Auszeichnung soll am 5. Dezember im Bremer Rathaus übergeben werden.

In seinem Buch „Klassensäuberung – Das Massaker von Katyn“ kommt Zaslavsky zu dem Schluss, dass der Massenmord in der kurzen Zeit des Hitler-Stalin-Pakts stattfand. Nach der Entdeckung wurde er von Hitlers Propaganda instrumentalisiert, während die Führung der SU das Verbrechen mit einem Täuschungsmanöver der Wehrmacht anlastete. Die westlichen Alliierten schwiegen, was für die Polen bis heute unverständlich ist. Erst nach dem Ende des Kalten Krieges räumte Moskau offiziell ein, dass die Morde von Katyn auf das Konto der Sowjets gegangen waren. Das Schweigen laste bis heute auf dem Verhältnis der Polen zu Europa und deren ohnehin schwierigen Beziehungen zu Russland, erläutert die Politik-Professorin Antonia Grunenberg, Vorstand des Bremer Hannah-Arendt-Preises.

Zaslavsky lehrte nach seiner Emigration 1975 unter anderem an der Stanford University. Derzeit ist er Professor für Politische Soziologie an der Free International University for Social Sciences in Rom. epd