KOMMENTAR: HENNING BLEYL üBER DIE SCHRöDER-DEBATTE
: Verzicht auf Ikonen

Die endlich stattfindende Debatte über Rudolf Alexander Schröder sollte sich nicht darin erschöpfen, seine Rolle – und vor allem die seines Werkes! – in der Nazi-Zeit endlich zur Kenntnis zu nehmen. Man muss auch fragen, ob Schröder in der Gesamtheit seines Seins und Wirkens ein Vorbild darstellt.

Schröders eindeutig antimoderne und antidemokratische Kulturauffassung macht ihn nicht völlig untragbar, aber zumindest ungeeignet als Patron gerade des Bremer Literaturpreises mit seinen oftmals mutigen Jury-Entscheidungen. Der Literaturwissenschaftler Wolfgang Emmerich hat schon vor Längerem herausgearbeitet, dass Schröder seinen Einfluss beharrlich dazu zu nutzen versuchte, die Auszeichnung Paul Celans und anderer Avantgardisten zu verhindern. Mit anderen Worten: Er hat dem Preis schon zu Lebzeiten nicht gut getan.

Nun ist es nicht leicht, einen mit Bremen biographisch verbundenen Autor zu finden, in dessen Namen der Preis angemessen verliehen werden könnte. Peter Weiss war zu DDR-unkritisch, Friedo Lampe letztlich zu unbedeutend. Die traditionell antisemitische Ansiedlungspolitik des Senats hat die jüdische Gemeinde so klein gehalten, dass als einziger bedeutender Literat Josef Kastein aus ihr hervorging – der aber eher als Historiker berühmt wurde. Vielleicht ist der gänzliche Verzicht auf Ikonen die richtige Konsequenz.

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