„Da war es damals besser“

LESUNG Eine Autorin und Medizinerin erzählt die Geschichte ihrer deutsch-afghanischen Familie

■ hat Afghanistan 1971 verlassen. Sie ist Autorin des Buches „Töchterland“ und arbeitet als Medizinerin in Hessen.

taz: Frau Nasher, Ihr Buch „Töchterland“ ist eine Biografie dreier Frauen– ihre eigene, die ihrer Mutter und ihrer Großmutter. Was verbindet Sie außer Verwandtschaft?

Diana Nasher: Es geht um zwei Kulturen, die zusammenkommen. Meine Großmutter Elisabeth war Deutsche. Sie heiratete einen Afghanen und lebte circa 40 Jahre in Afghanistan. Ich bin Afghanin und auch dort aufgewachsen – und lebe seit etwa 40 Jahren in Europa. Zugleich sagt das Buch etwas darüber, wie die gesellschaftlichen Strukturen in Afghanistan aufgebaut waren.

Sie haben 1971 Afghanistan verlassen ...

... als das Land noch Monarchie war. An die damalige Zeit habe ich sehr schöne Erinnerungen. Ich habe in Kunduz Abitur gemacht – dort, wo heute die Bundeswehr stationiert ist. Wegen meiner Ausbildung kam ich nach Europa. Die politischen Unruhen in dem Land haben mich bewogen, hier zu bleiben. Mein Vater, ein Industrieller, saß aus politischen Gründen für Jahre im Gefängnis, auch andere Familienmitglieder waren in Gefahr.

Und wie stehen Sie zum Bundeswehr-Einsatz?

Ich stehe dem kritisch gegenüber. Ich denke, die Invasion des Landes und die Kampfhandlungen müssen beendet werden, die fremden Truppen müssten alle abgezogen werden. In Afghanistan herrscht ja schon seit über 30 Jahren Krieg. Wer Frieden will, muss verhandeln, auch mit dem Feind. Nur so können die Voraussetzungen für eine Selbstbestimmung der Menschen in Afghanistan geschaffen werden. Außerdem wird man nicht umhin kommen, das Land massiv beim Wiederaufbau zu unterstützen. Zwar sind Milliarden geflossen, die Nato hat jedoch zum größten Teil mit den falschen Leuten zusammengearbeitet. Auch ist vieles, was aufgebaut wurde, inzwischen wieder mangelhaft, Straßen etwa.

Was hat sich verbessert in den letzten zehn Jahren?

Es sind mehr Schulen und Krankenhäuser entstanden. An den Rechten der Frauen hat sich, jedenfalls auf dem Land, nichts geändert – da war es damals, als ich noch dort lebte, im Grunde besser als jetzt. Interview: mnz

Samstag, 20 Uhr, Villa Ichon