Kommentar: Eiken Bruhn über Mädchen in Not
: Zurück in die Familie

Mädchen – das lässt sich aus den jährlichen Statistiken der Jugendhilfe ablesen – geraten in ihren Familien genauso oft wie Jungen in so große Not, dass sie aus der Familie heraus und in staatliche Obhut genommen werden. Ein Teil von ihnen geht aus diesen Kriseneinrichtungen, wie sie auch das Mädchenhaus in Bremen betreibt, anschließend in ein Heim, in eine Wohngruppe oder eine Pflegefamilie.

Doch die meisten landen nach wenigen Tagen oder Wochen dort, wo es vorher so schlimm war, dass sie selbst oder das Jugendamt die Reißleine gezogen haben. Zwei Drittel derjenigen, die im Jahr 2010 nach dem Aufenthalt in einer Kriseneinrichtung wieder zurück in ihre Familie gingen, waren in Bremen Mädchen.

Diese Zahl muss stutzig machen. Denn eine Inobhutnahme wird nicht einfach mal so auf Verdacht gemacht – weil es ein heftiger Einschnitt in das Leben eines Kindes ist und die Fachleute abwägen müssen, was später den größeren Schaden hinterlässt: das Kind in der Familie zu belassen oder es aus ihr herauszuholen. Das Familiensystem muss also schon sehr gestört sein, ehe man ein Kind in Obhut nimmt. Und das tun sich Mädchen häufiger als Jungen freiwillig wieder an?

Ja, häufig, um Geschwister und Mütter zu schützen, sagen diejenigen, die mit solchen Mädchen als Sozialpädagoginnen und Psychologinnen arbeiten. Dieses Bedürfnis kann man niemandem ausreden und das Leben in einem Heim oder einer Pflegefamilie ist auch nicht immer die goldene Lösung. Die entscheidende Frage ist aber, wie diese Mädchen anschließend begleitet werden. Ob das Richtige getan wird, damit sie wieder in ihren Familien leben können?