Günthner fordert mehr Qualität

ARBEITSMARKT Das Wirtschaftsressort will seine Fördergelder für „mehr gute Arbeitsplätze“ geben, nicht für mehr Leiharbeit oder mehr Mini-Löhne

„Die Unternehmensförderung könnte eine Tarifbindung zur Voraussetzung machen“

Arbeitnehmerkammer-Chef Ingo Schierenbeck

„Bis im letzten Jahr hieß es: Hauptsache Arbeitsplätze schaffen“, erklärte der Geschäftsführer der Arbeitnehmerkammer Ingo Schierenbeck auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Wirtschaftssenator, „es muss aber darum gehen, gute Arbeitsplätze zu schaffen.“ Denn während sich das Bruttosozialprodukt in Bremen in den letzten Jahren gesteigert habe, sei die Beschäftigung im Niedriglohnsektor gestiegen. Und es gebe sogar zunehmend Vollzeitbeschäftigte, die ihren Lebensunterhalt nicht mit ihrem Lohn bestreiten können.

Ein großes Problem zudem, vor allem in jungen Branchen wie der Windenergie, ist fehlendes Fachpersonal. Diesen Mangel aber haben viele Unternehmen mit verschuldet. Neue Unternehmen müssen zwar oft in kurzer Zeit einen großen Personalbedarf abdecken und zu Leiharbeitern greifen, sie sollten aber, so Schierenbeck, Stammbesetzungen entwickeln und selbst Fachkräfte ausbilden. Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) konnte da zustimmen: „Die Unternehmen klagen über fehlende Fachkräfte, und wenn man nach der Ausbildungsquote der letzten Jahre fragt, gucken sie einen traurig an.“

Unternehmen der Windenergiebranche in Bremerhaven beschäftigen zur Zeit bis zu 70 Prozent Leiharbeiter. Laut Arbeits-Staatsrat Matthias Stauch ist jedoch ein leichter Rückgang erkennbar. Im Gesundheitswesen besteht ebenfalls ein Fachkräftemangel, hierfür gibt es andere Gründe. Vor allem im Bereich der Pflege ist die Arbeit sehr anstrengend und schlecht bezahlt. Günthner sagt dazu: „Wir müssen überlegen, wie wir Attraktivität von Berufen steigern und dürfen dabei nicht nur über Wissenschaftler und Ingenieure nachdenken.“

Um langfristige und ausreichend bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen, soll die Wirtschaftsförderung in Zukunft mehr an soziale Kriterien und damit an Forderungen geknüpft werden, fordert Schierenbeck: Das neue Mindestlohngesetz fordert einen Stundenlohn von 8,50 Euro für alle im öffentlichen Bereich Beschäftigten. Das „Vergabegesetz“ greift bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und sorgt seit Dezember 2009 für einigermaßen „faire Löhne“, so Schierenbeck. Er hat klare Vorstellungen davon, was noch passieren könnte: Mindestquoten für Ausbildungsplätze sind denkbar und Höchstquoten für Leiharbeit und Minijobs. Und die Unternehmensförderung könnte eine Tarifbindung zur Voraussetzung machen.

Ein Konzept, wie die Wirtschaftsförderung das Kriterium „gute Arbeit“ stärker berücksichtigen könnte, will das Wirtschaftsressort Ende des Jahres vorlegen. HMM