Ein bisschen wie New York

MUSIK Mit durchschnittlich drei Konzerten die Woche, die meisten bei freiem Eintritt, versorgt „die Meise“ Freunde von Live-Musik auch im Sommerloch. Ein Porträt

„Es hat sich gezeigt, dass es besser ist, etwas häufiger aufzuhaben“

Ettje Kucharski

VON ANDREAS SCHNELL

Es stimmt natürlich nicht wirklich – aber ein bisschen ist ja doch dran an der These, der Bremer Bluesclub Meisenfrei sei Bremens Pendant zum legendären New Yorker CBGB. Der Name jenes 2006 geschlossenen Clubs stand für „Country, Bluegrass, Blues“. Allerdings: Es war schon bald nicht mehr drin, was draufstand: Statt knarziger Working-Class-Töne jeglicher Couleur konnte man Mitte der Siebziger im CBGB die Punk-Explosion in Echtzeit verfolgen, zumindest deren amerikanischen Teil: Patti Smith, Suicide, die Ramones, Blondie, die Heartbreakers – sie alle spielten in dem kleinen Club in der Bowery, der eher eine Bar war, ihre ersten Shows, später prägten die Bands des New Yorker Hardcore den Sound.

Im Bluesclub Meisenfrei, 1997 als Ableger der berühmt-berüchtigten Kneipe Meisenfrei gegründet, ist schon eher drin, was drauf steht, aber nicht nur. Längst gibt es regelmäßig Heavy Metal zu hören, und – wo wir schon von Punk-Legenden sprechen – immerhin ein Zeltinger schaute mehrmals mit Band vorbei. Allerdings: Während sich bei den Kollegen in New York die Sache mit dem Blues und Country bald erledigt hatte, ist das Programm des Bremer Clubs nicht unwesentlich vom Blues geprägt. Erst in den letzten Jahren kamen auch härtere Bands zum Zuge. Das hat vor allem mit Peter Kucharski, 42, und seiner Frau Ettje, 33, zu tun, die vor rund drei Jahren vom damaligen Besitzer Werner Popken gefragt wurden, ob sie den Bluesclub übernehmen wollten.

Wie Ettje Kucharski erzählt, war das für die beiden damals ein regelrechter Schock. Popken selbst, bis heute Betreiber der benachbarten Kneipe Meisenfrei, hatte bald nach Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes keine Lust mehr, sich mit den Behörden herumzuärgern und wollte sich fortan auf seine Kneipe konzentrieren. „Wir haben drei Tage lang hin und herüberlegt“, erinnert sich Ettje. Aber das Ehepaar entschied sich schließlich, das Risiko auf sich zu nehmen. Immerhin kannte Peter Kucharski die Kneipe und den seit 1997 existierenden Club seit 15 Jahren in- und auswendig. Und auch Ettje steht hier schon seit acht Jahren hinterm Tresen.

Und auch wenn sich äußerlich im Club nichts verändert hat, haben die neuen Betreiber das Profil als Konzertort geschärft, mehr Konzerte, mehr als Rock und Blues. „Das war schon ein Experiment“, gibt Ettje Kucharski zu. „Aber es hat sich gezeigt, dass es besser ist, etwas häufiger aufzuhaben.“ Von Mittwoch bis Samstag gibt’s im Bluesclub Meisenfrei in der Regel zwei bis drei Bands pro Abend zu sehen, von klassischem Blues über Folk und Indie-Rock bis hin zu Heavy Metal reicht das Spektrum, gelegentlich steht gar ein bisschen Punk-Rock auf dem Programm. Mit der Erweiterung des stilistischen Spektrums hat sich der Club auch neues Publikum erschlossen. Viele Bands aus Bremen und Umgebung nutzen die Bühne des Clubs, um sich zu präsentieren, der Eintritt ist in aller Regel frei, wenn keine namhaften Musiker auf der Bühne stehen.

Die kommen allerdings nach wie vor gerne in den traditionsreichen Club. Erst vor wenigen Monaten gastierte der ehemalige Iron-Maiden-Sänger Paul DiAnno mit seiner neuen Band hier, im August kommt die neuseeländische Country-Sängerin Donna Dean, im September feiern die Bremer Lokalmatadore Rusty 66 an zwei Abenden ihr 20-jähriges Jubiläum, für den Oktober hat sich der kanadische Blues-Rock-Gitarrist Pat Travers angesagt.

In den Sommermonaten präsentiert der Bluesclub Meisenfrei allerdings vor allem Gewächse aus der Region, was für das Publikum bedeutet: Eine gute Gelegenheit, ohne großes Risiko herauszufinden, was in der Szene los ist – für die Szene wiederum eine gute Gelegenheit, sich zu präsentieren. Und wer unbedingt mal zwischendurch eine rauchen will, kann das im kleinen Biergarten vor der Tür oder in der Kneipe nebenan.

■ heute: „Local Radio’s Rocking Safari“ mit Merida und On Our Own (Metal, Rock), 20 Uhr, Eintritt frei;

Freitag: Lifeline (Classic Rock Cover), 21 Uhr, Eintritt frei;

Samstag: MissiBirds (Blues), 21 Uhr, Eintritt frei,

Bluesclub Meisenfrei, www.meisenfrei.de