„Pyrotechnik als Symbol“

Vortrag Am „Tag der Fans“ von Werder spricht eine Expertin über angebliche Fußball-Chaoten

■ 42, ist Journalistin und Autorin mit dem Schwerpunkt Fußball.

taz: Frau Selmer, Sie sagen, dass die Berichterstattung über Fußballfans „eine neue Dimension“ erreicht hat. Können Sie das an einem Beispiel beschreiben?

Nicole Selmer: Ja, man kann das gut an der Berichterstattung über ein Pokalspiel in Dortmund und ein Relegationsspiel in Düsseldorf in diesem Jahr sehen.

Was ist dort passiert?

Im ersten Fall wurden verbotene bengalische Feuerwerke gezündet, im zweiten Fall sind zudem Fans aufs Spielfeld gelaufen, weil sie dachten, es sei schon abgepfiffen. Den Ton der Berichterstattung hat die Live-Reportage im Fernsehen vorgegeben, die nicht das Geschehen abbildete, sondern gleich eine stark moralisierende Deutung mitlieferte.

Welche?

Dass da Fußballchaoten am Werk waren, die auf Randale aus sind. Das haben andere Medien dann zunächst übernommen – bevor einige selbst recherchiert haben.

Aber Medien agieren nicht losgelöst von gesellschaftlichen Diskursen, sondern spiegeln diese wider. Und offenbar empfinden viele Menschen Pyrotechnik im Stadion als gefährlich.

Das kann ich nachvollziehen, es hat ja auch schon Verletzte gegeben. Aber genau deshalb muss man eine sachliche Auseinandersetzung darüber führen. Momentan ist das Verwenden von Pyrotechnik im Stadion symbolisch stark aufgeladen. Auf der einen Seite wird jede Fackel als Randale hochstilisiert, die Repressionsmaßnahmen gegen Fans rechtfertigt. Auf der anderen Seite dient sie als Protest gegen eine Politik, die Fankultur einschränken will. Eine Folge davon ist, dass die Feuer heimlich abgebrannt werden, im Schutz von Fahnen und Jacken. Und das ist dann richtig gefährlich. INTERVIEW: EIB

„So genannte Fans und so genannte Journalisten“: Samstag, 14 Uhr, Ostkurvensaal am Weserstadion