Gläsernes Bremen

DATENSALAT Ein Bündnis fordert für Bremen ein eigenes Transparenz-Gesetz nach Hamburger Vorbild. Mit seinem einst vorbildlichen Informations-Freiheitsgesetz hinke das Land mittlerweile hinterher

„Wenn es um Verträge um Millionen geht, könnte es spannend werden“

Tim Weber, Bündnis für Informationsfreiheit und Transparenz

Ein eigenes Transparenz-Gesetz nach Hamburger Vorbild fordert das Bremer Bündnis für Informationsfreiheit und Transparenz. Der Zusammenschluss aus Humanistischer Union, Transparency International und dem Verein „Mehr Demokratie“ strebt an, dass städtische Verträge, Unterlagen und Verwaltungspapiere automatisch veröffentlicht werden müssen. Das bestehende Informationsfreiheits-Gesetz (IFG) soll damit deutlich erweitert werden.

Einst war Bremen bundesweiter Vorreiter in Sachen Informationsfreiheit: Seit 2008 stellten Behörden Senatsvorlagen, Gutachten, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften in das elektronische Informationsregister ein, bis heute insgesamt 22.000 Dokumente. Dafür gab es Auszeichnungen, Bürgermeisterin Karoline Linnert war „stolz“ auf die Innovation. „Mittlerweile wurden wir von Hamburg überholt“, sagt Tim Weber von „Mehr Demokratie“. Ihm reicht die Bremer Offenheit nicht.

Das Problem: Die Dokumente sollen eingestellt werden, sie müssen es aber nicht. Dies führe zu „Verunsicherung“ in den Behörden, im Zweifel verzögere sich die Veröffentlichung. Vor allem bei Verträgen sehe es mau aus, nur 39 sind einsehbar. „Schade, gerade wenn es um Verträge um Millionen geht, könnte es spannend werden“, so Weber.

Hürden bestehen gerade hier in den Betriebsgeheimnissen von Unternehmen. Das Bündnis fordert nun, dieses Geheimnis klarer zu definieren, damit es nicht als Ausrede missbraucht wird – und den Katalog zu veröffentlichender Informationen insgesamt zu erweitern: Auf Bescheide über Subventionen, Rohdatensätzen oder Dienstanweisungen. Sie alle sollen automatisch online gestellt und durchsuchbar sein.

Anders als bisher: Zwar können Bürger diese Informationen erhalten, allerdings nur auf Anfrage, wenn sie sich auf das Informationsfreiheits-Gesetz berufen. Die Nachfrage aber ist gering: weniger als 50 Anfragen von Bürgern gab es 2009, 2008 waren es 38.

Einen Grund dafür sieht Thomas von Zabern von der Humanistischen Union in der möglichen Frustration der Bürger. Bei Anträgen, die er selbst gestellt hat, tat sich die Behörde – im konkreten Fall das Sozialressort – schwer. Er sollte eine Gebühr von 300 bis 500 Euro für die Bearbeitung zahlen. Erst als er hartnäckig nachfragte, bekam er die ohnehin vorliegenden Daten – umsonst. Wegen solcher Erfahrungen fordert das Bündnis auch, dass die Informationsabfrage gebührenfrei werden soll. Das würde weitergehen als das Hamburger Transparenzgesetz.

„Wenn Bürger an alles rankommen, auch an Verträge“, sagt Wolfgang Frauenkron von Transparency International, „dann wird es immer schwerer, unter der Hand etwas zu machen.“ Schlechten Lobbyismus und Korruption zu bekämpfen, ist für ihn der Hauptgrund, das IFG zu erweitern. „Bürgerbeteiligung“, sagt Thomas von Zabern, „funktioniere eben nur, wenn die Bürger gut informiert sind.“  JPB