„Verwenden Sie altes Eiweiß!“

ZUCKER Enie van de Meiklokjes backt im Fernsehen. Warum Dekoration wichtig ist, und wie bunte Macarons am besten gelingen

■ 1974 geboren, ist eine deutsche Fernsehmoderatorin. Sie lernte in Potsdam den Beruf der Dekorateurin, begann 1996 für den Musiksender Viva zu arbeiten und wechselte später zu „Bravo TV“ bei RTL 2. Seit Oktober 2012 moderiert sie für den Nischensender Sixx „Sweet & Easy – Enie backt“.

INTERVIEW JÖRN KABISCH

sonntaz: Viele Köche halten sich für schlechte Bäcker oder umgekehrt. Gibt es dafür einen Grund?

Enie van de Meiklokjes: Nein. Die meisten denken, Kochen sei einfacher, weil man sich beim Backen genau an Rezept und Mengenangaben halten müsse. Kochen könne man dafür nach Schnauze. Aber ich backe nach Schnauze und kenne genauso viele Kochrezepte, an die man sich auch sehr genau halten sollte, wenn nichts schiefgehen soll.

Frei nach Schnauze backen: Wie macht man das?

Das ist eine Übungssache. Wer noch nie Kartoffeln oder Nudeln gemacht hat, der muss auch rausfinden, wann die gar sind.

Aber da kann man aus dem Topf probieren.

Man kann sich beim Backen strikt an die Anleitung halten, und am Ende ist der Kuchen misslungen. Glauben Sie mir, mit der Zeit bekommt man ein Gefühl, wie ein Teig auszusehen hat und sich anfühlen muss, damit ein Kuchen gut wird. Jetzt am Wochenende hatte ich auch so eine Situation. Es waren nicht alle Zutaten da für den gegrillten Gugelhupf, und eine Küchenmaschine fehlte auch. Eiweiß und die Sahne mit dem Schneebesen steifzuschlagen, das war kein Problem, aber der Teig war am Ende zu fest. Also haben wir improvisiert, noch mehr Ei und Sahne dazugetan und vor allem sehr viel Backpulver. Als der Kuchen fertig war, hätte jeder gesagt, genau so gut und saftig gehört sich das.

Ich halte mich gern an das Rezept.

Vielleicht, weil Sie ein Mann sind. Das beobachte ich öfter: Die sind sehr auf Präzision bedacht, die wollen Maßangaben, genaue Zahlen, eine genaue Größe der Form. Ich glaube, viele Frauen backen anders und machen das mehr aus dem Handgelenk.

Wann haben Sie angefangen zu backen?

Es gibt da kein Aha-Erlebnis. In meiner Familie wurde viel gebacken, nicht nur, wenn Geburtstage waren. Wir hatten einen Garten, in dem gab es immer viel Obst. Da lernt man das wie von selbst. Ich habe erst später begriffen, dass es Menschen gibt, die das nicht gelernt haben oder in Familien aufgewachsen sind, in denen es nicht üblich war, dass man zu Hause alles selber macht.

Aber irgendwann sind Sie TV-Bäckerin geworden.

Tatsächlich habe ich in anderen Ländern viele Backsendungen gesehen und gedacht, das möchte ich auch gern machen. Ich habe damals eine Heimwerkersendung moderiert und hatte genug vom Männerschweißgeruch.

Backen ist wieder beliebt – das hat auch mit der Entdeckung internationaler Backwaren zu tun. Ich glaube, am Anfang war der Muffin.

Nach meinem Gefühl eher: der Cupcake.

Was doch ziemlich das Gleiche ist …?

Oh, da scheiden sich die Geister. Ich sage zwar auch immer, der Cupcake ist ein Muffin mit Mütze. Aber dann kommen ganz viele und erklären: Au nein, das ist ein anderer Teig. Das stimmt natürlich. Der eigentliche Muffinteig ist rustikaler, auch mal mit Hefe, und Muffins sehen in der Regel nicht so schön aus wie Cupcakes, für die man einen feinen Rührteig verwendet.

Ist es auch die Optik, die für den neuen Backtrend verantwortlich ist? In Ihrer Show spielt Dekoration eine große Rolle.

Beim Kochen reicht es oft, wenn man schönes weißes Geschirr hat, auf dem man das Gericht arrangiert, schlichte Eleganz. Beim Kuchen kommt es schon mehr auf das schöne Drumherum an. Kuchen ist ja nicht unbedingt ein Nahrungsmittel, sondern hauptsächlich Genuss. Und da dürfen dann auch Farben und unterschiedliche Teller zum Einsatz kommen.

Und Streusel und Verzierungen?

Mitunter schon. Ich finde auch diese verputzten Hochzeitstorten toll, wo alles unter einer Lage Fondant verborgen ist. Aber ehrlich: Das macht wahnsinnig viel Arbeit. Mir gefallen Kuchen oft auch ohne Überzug. Für solche Deko fehlt mir ein bisschen die Geduld. Da ist mir ein ehrlicher Gugelhupf lieber, für den man noch schnell aus Zahnstochern und Papier eine kleine Wimpelkette gebastelt hat.

Mit den pinken Küchlein und all den bunten Utensilien wirkt Ihre Show manchmal wie ein 50er-Jahre-Revival, eine Sendung der neuen Häuslichkeit.

Das liegt vielleicht an mir, weil ich gern Kleider trage und auch Petticoats. Das verbinden die Leute natürlich mit den Fünfzigern. Ich mag die Zeit, sie war bunt, fröhlich, es gab Musik, die gute Laune macht, und das schwappt so rüber in die Sendung. Und ich mag einfach den lustigen Quatsch, der einem wahnsinnig viel Platz in der Küche wegnimmt, den man aber als Frau unbedingt braucht.

Manchmal entsteht dabei ein „Heimchen am Herd“-Gefühl.

Heimchen am Herd, das verbinde ich mit hässlichen Kittelschürzen. Und einem nicht so weiten Horizont. Nein, ich zeige in meiner Sendung doch eine Welt, die nicht nur aus Mohnkuchen und Bienenstich besteht, sondern aus Karamell und buntem Zucker. Die Backwelt heute ist kunterbunt. Und ich bin immer wieder überrascht, wie viele Männer meine Sendung auch sehen.

Sie zeigen auch, wie man Macarons herstellt. Ziemlich teures Gebäck, wenn man es im Laden kauft.

Ich finde: überteuert.

Vielleicht weil sie gar nicht so einfach zu machen sind.

Es ist ein Gebäck, für das man ein bisschen Übung braucht. Es gibt viele Bücher mit den genauesten Rezeptangaben: 92 Gramm Mandelstaub und 91 Gramm Zucker. Aber eine Gelinggarantie ist auch nicht dabei. Man kann Eier eben schlecht in Gramm abmessen. Ich nehme immer das Eiweiß, gebe die übrigen Zutaten ungefähr nach den Mengenangaben dazu, und dann schaue ich, wie die Konsistenz ist.

Was ist ein guter Macaron?

Im Endeffekt sind Macarons nur feine Baisers aus Eiweiß, Zucker und ein bisschen Mandel. Jeder kennt ja diese Kokosnussmakronen. Die die sind außen leicht trocken und klebrig, aber innen ganz weich. Sie fallen auseinander, wenn man reinbeißt. Genauso muss ein Macaron auch sein.

Was ist der Trick?

Es gibt viele Hilfsmittel. Neulich habe ich zum Beispiel eine Macaron-Matte aus Silikon statt Backpapier verwendet. Aber ich war enttäuscht, die Macarons sind darauf auch nicht besser geworden. Mein Tipp: Verwenden Sie altes Eiweiß! Dafür trennt man die Eier schon ein paar Tage vor dem Backen und stellt sie in den Kühlschrank. Dadurch verliert das Eiweiß Feuchtigkeit und der Teig wird besser. Man braucht auch etwas Geduld. Das Mandelmehl muss fein gesiebt werden und der Teig schön lange gequirlt.

Aber sie schmecken, auch wenn sie nicht perfekt aussehen?

Wenn sie gut gefüllt sind, dann schmecken die immer. Da ist es auch egal, ob die einen Hohlraum beim Backen bekommen haben. Und ich finde, die Macarons sind so teuer, von dem Geld kann man sich ruhig auch mal selbst ein Blech machen. Auch wenn es schiefgeht.

Die Essecke: Jörn Kabisch befragt auf dieser Seite jeden Monat Praktiker des Kochens. Außerdem im Wechsel: unsere Korrespondenten, die erzählen, was man in ihren Ländern auf der Straße isst, Philipp Maußhardt über vergessene Rezepte und Sarah Wiener, die aus einer Zutat drei Gerichte komponiert