Staatlich anerkannter Humor

In Hannover gibt es eine von drei Clownschulen in Deutschland. Hier kann man sich sein Unterhaltungstalent nach dreijähriger Ausbildung zertifizieren lassen. Doch auf das Lachen allein kommt es gar nicht an, sagen die angehenden Clowns

Auch in Hamburg gibt es seit 15 Jahren eine Clownsschule mit 16 Plätzen, die berufsbegleitend Laienclowns oder Proficlowns ausbildet. „Clown sein ist eine der schwierigsten Schauspielarten, die es gibt“, sagt Uli Tamm, die Leiterin der „Clownschule“. Es erweitere aber auch den Horizont und sei „eine lustvolle Art, sich mit dem Thema Humor auseinanderzusetzen“. Zum Laienclown ließen sich häufig Therapeuten ausbilden, die in psychosozialen Berufen arbeiten, oder auch Juristen oder Büroarbeiter. Unterricht im Komischsein nähmen aber auch Schauspieler, die ihre kreatives Repertoire erweitern wollten. Oder Hausfrauen und Mütter, „die ihren Kindern anders gegenüber treten möchten“, wie Uli Tamm es formuliert: Eben nicht schimpfen, sondern mit Humor reagieren, wenn nichts mehr geht. Für die Ausbildung gibt es Halbjahres- oder Ganzjahreskurse, die pro Wochenende 180 Euro kosten. Die Profiausbildung ist teurer. Im Herbst gibt es Schnupperkurse, der erste startet am 26. September. Infos unter www.die-clownschule.de oder bei „die clownschule“, Eifflerstraße 1, 22769 Hamburg, ☎ 040 / 420 46 99.

VON ELISABETH WEYDT

Der Vorhang geht auf. Heraus tritt eine schwarz gekleidete, runde Frau mit rosa Klobürste in der Hand. Siegesgewiss. Doch die Stimme aus dem Off pfeift sie höflich aber bestimmt zurück: „Meisterin!“, tönt es. „Meisterin, die Musik lief noch nicht. Wieder zurück!“

Die Clownerie ist ein ernstes Geschäft. Eine rote Nase und ein dicker Bauch genügen nicht, sich in diesem ordentlichen Land einen waschechten Clown nennen zu dürfen. Die Komik wird von oberster Stelle zertifiziert. Dann ist man staatlich anerkannter Clown. Um die hohen Weihen des Humors zu erreichen, kann man beispielsweise in Hannover am „TUT“, der Schule für Tanz, Clown und Theater, eine staatlich anerkannte Ausbildung zum Clown absolvieren.

Aber um dieses Zertifikat gehe es ihnen ja gar nicht in erster Linie, erzählen dort einige Clownsschüler nach mehreren Stunden Training auf den blauen Sofas des hellen Übungsraums. Sie stehen gerade am Anfang ihrer Ausbildung zum Clown. Dies ist nun ihr drittes Seminarwochenende, zu dem sie aus ganz Deutschland angereist kamen. „Es geht darum, das Kindliche wieder in sich zu entdecken“, erzählt eine Logopädin aus Sachsen. „Das Clownsein erweckt eine ganz neue Lebensfreude.“

Sie ist hier, weil sie Klinikclown werden möchte. Zuvor habe sie sich noch nicht mit Clowns auseinander gesetzt, sagt sie – nun aber umso intensiver: Die 8.000 Euro teure Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre, in denen neben dem Beruf an mehreren Wochenenden und auch für Wochenseminare Zeit gefunden werden muss. In Vollzeit dauert sie eineinhalb Jahre.

Thomas Back, am Zungenschlag eindeutig als Hesse erkennbar, sammelt schon seit Kindertagen alles, was irgendwie mit Clowns zu tun hat. „Ich hab’ ein halbes Museum zu Hause“, sagt er. Das Vorbild des Hausmeisters ist David Larible aus dem Zirkus Roncalli. Und diese Zirkusverbundenheit war wenige Minuten zuvor nicht zu übersehen: Als hätte er sich den lichtdurchfluteten Übungsraum zur ganz eigenen Manege erkoren, schritt da der rundliche, kleine Mann in türkis gestreiften Shorts und mit roter Clownsnase im Saal umher.

Ralf Höhne, der Clownslehrer, beobachtet seine Schützlinge mit gespannter Freude. Diese gehen, kriechen, hüpfen in Paaren durch den Raum und zeigen ihr Können als weltbeste Geher, Kriecher und Hüpfer. „Ihr müsst die Bewegungen auskosten, lasst euch Zeit“, weist er seine 25 Schüler an. „Stellt euch vor, es gäbe nichts Wichtigeres auf der Welt als diesen Moment und diese Bewegung.“

Anregungen wie kleine Lebensweisheiten – hier geht es um mehr als laute Albernheiten. „Es geht nicht unbedingt darum, das Publikum zum Lachen zu bringen“, sagt nun auch Sabine Paulke, die schon zuvor Seminare zur Clownerie besucht hat und als Chefsekretärin in einem Unternehmen am Frankfurter Flughafen arbeitet. „Es geht darum, das Publikum zu berühren, indem man ihm den Spiegel vorhält.“ Und das auf drastische Weise: Für sie bedeute Clownsein, das urmenschliche Scheitern auf die Bühne zu bringen, das in der Erwachsenenwelt normalerweise verboten sei.

Der Clown, der alte Konventionen und Rituale auf liebenswerte Weise hinterfragt, habe in den letzten Jahren ein immer größeres Publikum gewinnen können, sagt Lehrer Ralf Höhne. Dieser Clown werde für seine Naivität, sein Staunen geliebt – dafür, dass er immer wieder aufsteht, wenn er hingefallen ist. Und diese Studie der Universität in Sheffield, nach der Kinder angeblich Angst vor Clowns hätten, sei ziemlicher Blödsinn. Seine langjährigen Erfahrungen als Klinikclown hätten ihm das Gegenteil gezeigt: „In Deutschland arbeiten hunderte von Klinikclowns sehr erfolgreich.“

Und es würden immer mehr. Die Hälfte seiner Schüler käme aus sozialen Berufen. Von den 250 ausgebildeten Clowns, die die Schule seit 1992 verlassen haben, würde heute ungefähr ein Drittel als vollprofessionelle Clowns in der Pädagogik oder Unterhaltungsbranche arbeiten. Einige absolvierten die Ausbildung aber auch nur als intensives Hobby oder zur Selbstverwirklichung.

Die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und der des gespielten Clowns sei besonders wichtig. Denn auf die Authentizität kommt es an, da sind sich alle angehenden Clowns einig. Mit Mechanismen und Tricks komme man nicht weiter – das funktioniert nur auf Omas 70.

Schule für Tanz, Clown Theater, ☎ 0511 / 32 06 80, www.tut-hannover.de