Der Kampf um die Kunden hat begonnen

DIE MESSE Unter dem Leitthema „Organic und Fair“ präsentieren sich BioFach und Vivaness selbstbewusst in Zeiten der Krise. Die Nachfrage wächst auch jetzt noch

■ Vom 17. bis 20. Februar versammelt sich die Biobranche in ihrer ganzen Vielfalt zur Weltleitmesse für Bioprodukte BioFach und der parallel stattfindenden Vivaness, internationaler Plattform für Naturkosmetik und Wellness, im Messezentrum Nürnberg. 2.500 Aussteller präsentieren täglich von 9 bis 18 Uhr, Samstag von 9 bis 17 Uhr Frische, Internationalität und Innovationskraft. Die B-to-B-Messe dient den Akteuren seit mehr als 20 Jahren als weltweit größtes Forum für die Markenpositionierung sowie als Veranstaltung für den ökomodernen Markt der Zukunft. Parallel zu den Fachmessen informieren Fachleute in rund 130 Veranstaltungen über aktuelle Entwicklungen und Markttrends. www.biofach.de (sk)

VON SVEN KULKA

Krise und Strukturwandel haben die Biobranche 2009 vor große Herausforderungen gestellt. Erstmals nach fünf Jahren verlangsamt sich das Wachstum in der Biobranche. Mit rund 5,9 Milliarden Euro Umsatz erreichte der Markt für Biolebensmittel gerade das Ergebnis des Vorjahres. Schlechte Nachrichten für eine Branche, die in den vergangenen Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten glänzte. Die Krise trägt ihren Teil dazu bei – aber nicht nur.

In den Regalen der Discounter bieten sich biologisch angebaute und konventionelle Lebensmittel mittlerweile einen Konkurrenzkampf wie nie zuvor. Gebremste Prognosen prägen dort das Bild der Biobranche. Biolebensmittel verzeichneten im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel und bei Discountern zwar Absatzsteigerungen, doch der Umsatz stagniert. Nach Einschätzung des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ist diese Entwicklung vor allem der Billigpreispolitik des Handels sowie Sortimentsreduzierungen in Folge von Fusionen geschuldet. Durch die Fusionen sei das Warenangebot verringert worden, gleichzeitig hätten die Preissenkungen bei den Discountern nicht zu einem wesentlich höheren Mengenabsatz geführt. Auch der Anteil von Bioprodukten mit 3,6 Prozent am gesamten Lebensmittelmarkt sei nach wie vor gering. Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es erstaunlich, dass die Branche insgesamt lediglich stagnierte. Zumal der Lebensmittelmarkt 2009 insgesamt im Jahresvergleich um 2,4 Prozent schrumpfte.

Bereits seit Längerem kündigt sich in der Lebensmittelbranche ein grundlegender Wandel an: Bio gegen grün gefärbte, aber dennoch konventionelle Produkte. Eine Art Verdrängungswettbewerb innerhalb der Branche findet statt und Umweltschützer fürchten ein mögliches Ende des umgebremsten Biowachstums. Aktuelle Marktforschungsergebnisse allerdings stimmen optimistisch: Bio hat sich etabliert und wird längst als modernes Markenversprechen wahrgenommen, das mit übergeordneten Werten wie Gesundheit, Authentizität, Sinn und Verantwortung verbunden ist. Das ist auch daran abzulesen, dass im vergangenen Jahr rund 6 Prozent mehr bäuerliche Betriebe auf Öko umstellten. Insgesamt arbeiteten rund 21.000 Betriebe nach ökologischen Regeln. Die zweite gute Nachricht: Der Biofachhandel steigerte seinen Umsatz um rund 4 Prozent. Gute Gründe auch 2010 für Optimismus auf der BioFach.

Der Trend im Einzelhandel geht vor allem zu den Biosupermärkten und Filialisten mit breitem Sortiment. Die Zahl der Fachgeschäfte mit mehr als 300 Quadratmeter Verkaufsfläche stieg 2009 um 31 Prozent und die Verkaufsfläche nahm insgesamt um rund 15.000 Quadratmeter zu. Kleinere Biofachgeschäfte geraten so allerdings unter Druck. Sie müssten sich entweder spezialisieren, vergrößern oder aufgeben, so die Bilanz des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Das Ende also der kleinen Biofachgeschäfte? Die Zahlen sprechen dafür. Matthias Eisenhut, Mitarbeiter der GLS, der bundesweit tätigen Bank für sozial-ökologische Geldanlagen und Finanzierungen in Bochum, ist aber anderer Meinung.

Die Zahl der Fachgeschäfte mit mehr als 300 Quadratmeter Verkaufsfläche stieg 2009 um 31 Prozent

„Zwei Konsumentenklassen prägen den Biomarkt“, so Eisenhut. Das seien zum einen diejenigen, die in Bio eine potenziell gesunde, schadstofffreie Ernährungsform sehen, dabei aber auch auf den Preis gucken und ihre Einkäufe an einem Ort erledigen. Ökologisch orientierte Gutverdiener hingegen suchten gezielter hochwertige Produkte und legten dabei Wert auf entsprechende Beratung. Die erstgenannte Gruppe kauft Bio in der Regel im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel. In einer Branche, in der in Sachen Bio „mittlerweile ein Kampf um den Kunden ausgebrochen ist“, so Matthias Eisenhut. Bioketten müssten darauf bauen, durch Größe und zentrale Innenstadtlage genügend Kunden zu finden. Bei Kunden, für die der Preis eben nicht das primäre Kaufkriterium sei, könne der kleine Bioladen punkten.

„Die Chance des kleinen Bioladens liegt in der konsequenten Ausrichtung auf die Zielgruppe der ökologisch ausgerichteten Gutverdiener, die sich in den kleinen, wohnortnahen Läden in guter Lage mit persönlicher Beratung und Service wohl fühlen und für die der Preis sekundär ist“, so GLS-Mitarbeiter Axel Schmidt. „Welche Faktoren tragen dazu bei, dass ein kleiner unabhängiger Bioladen auch in Zukunft erfolgreich sein kann?“ Das fragten die Öko-Finanziers in einer Umfrage. Ihre Antwort: eine konsequente Lage im Wohnquartier als Nahversorger, um sich klar von den Bioketten zu differenzieren, kurze Wege, kleine Einheiten, eine attraktive Frischeabteilung, Serviceorientierung, Abendöffnungszeiten und der persönliche Touch. Denn: Im Preiskampf kann man nur verlieren.