Unter falscher Flagge

PARTEISTIFTUNGEN Die Stiftungen der politischen Parteien sind meist Vereine, die vom Staat leben

Sie betreiben politische Bildung, fördern Studierende und sind das Gedächtnis der Parteienlandschaft. Die politischen Stiftungen spielen eine bedeutende Rolle für die deutsche Demokratie. Nur eines sind sie nicht: Stiftungen. Das dürfen sie, denn der Begriff ist weder geschützt noch gesetzlich definiert.

Tatsächlich sind die parteinahen Stiftungen als Vereine organisiert. Mit Ausnahme der „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ besitzen sie kein eigenes Stiftungskapital, sondern finanzieren sich aus Steuermitteln. Und das nicht zu knapp: Die Heinrich-Böll-Stiftung verfügt über ein jährliches Budget von 40 Millionen Euro, Friedrich-Ebert- und Konrad-Adenauer-Stiftung liegen mit 120 Millionen Euro in etwa gleichauf.

Die Tradition der politischen Stiftungen reicht bis in die Weimarer Republik zurück. Hier liegt auch der Ursprung der Bezeichnung der politischen Bildungsvereine als „Stiftung“. Nach dem Tod des Reichspräsidenten Friedrich Ebert im Februar 1925 beschloss der SPD-Parteivorstand die Errichtung einer Stiftung. An Stelle von Kranzspenden, wurde um eine Zuwendung für die Stiftung gebeten. Bis zu ihrer Zerschlagung durch die Nazis 1933 förderte die Stiftung „junge, befähigte Proletarier“ bei ihrem Universitätsstudium.

Das Modell der parteinahen Stiftungen ist weltweit einmalig und wurde im Rahmen der Reeducation, der demokratischen „Umerziehung“ der Nazi-Bevölkerung durch die Alliierten, flächendeckend umgesetzt.

Die politischen Stiftungen betreiben Landesbildungswerke, die lokale Projekte fördern und eigene Veranstaltungen durchführen. In Hamburg ist die Heinrich-Böll-Stiftung in Form des Vereins „Umdenken e.V.“ zu finden. Die Niederlassung der Friedrich-Ebert-Stiftung firmiert unter dem Namen „Julius-Leber-Forum“, die Konrad-Adenauer-Stiftung betreibt ein „Bildungswerk Hamburg“ und auch die Rosa-Luxemburg- und die Friedrich-Naumann-Stiftung haben Hamburger Büros. SILKE RITTER